Spar-Gipfel in Berlin. Auch weniger Elterngeld und Hartz-IV-Einschnitte geplant
Berlin. Die schwarz-gelbe Koalition in Berlin hat die Bürger auf schmerzhafte Einschnitte eingestimmt. Noch bis heute Vormittag berät die Bundesregierung auf einer Kabinettsklausur über drastische Maßnahmen zur Bekämpfung des strukturellen Haushaltsdefizits von zehn Milliarden Euro pro Jahr. Mehr als 10 000 Stellen beim Bund sollen bis 2014 dauerhaft wegfallen. Geprüft werden außerdem Kürzungen beim Elterngeld sowie eine Steuer auf Brennelemente für Kernkraftwerksbetreiber.
"Die grundsätzliche Funktionsfähigkeit der Verwaltung wird durch diese Maßnahme nicht infrage gestellt", heißt es zum Thema Stellenabbau in einem siebenseitigen internen Koalitionspapier, das dem Hamburger Abendblatt vorliegt. Vielmehr vollziehe man damit lediglich eine Anpassung an die demografische Entwicklung. Die Bundesbeamten müssen sich auch auf Einschnitte beim Gehalt gefasst machen. So soll die geplante Weihnachtsgelderhöhung im kommenden Jahr ausfallen - das bedeute faktisch eine Absenkung der Bezüge um 2,5 Prozent.
Kürzungen drohen auch den Empfängern von Arbeitslosengeld, weil die Bundesregierung mehr Anreize zur Aufnahme von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen schaffen will. Zu diesem Zweck könnten Pflichtleistungen in Ermessensleistungen umgewandelt werden. Außerdem könnte der Rentenversicherungsbeitragssatz für Hartz-IV-Empfänger wegfallen. In der Union hieß es zudem, beim Elterngeld stehe infrage, ob die beiden Vätermonate erhalten bleiben oder der Höchstbetrag von aktuell 1800 Euro monatlich gesenkt werde. Denkbar sei auch, das Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger zu streichen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, Ziel sei eine "wirkliche Kehrtwende" bei den Staatsfinanzen. "Wir können nur das ausgeben, was wir einnehmen." Die "Instrumente in der Sozialpolitik" seien zu überprüfen. Im Vorfeld war auch erneut über mögliche Steuererhöhungen, etwa bei der Mehrwert-, Tabak- und Einkommenssteuer diskutiert worden. Merkel wollte mögliche Steuererhöhungen nicht ausschließen, betonte aber: "Wir setzen darauf, die Ausgabenseite in Ordnung zu bringen." Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle sagte, die Ausgaben müssten den Einnahmen folgen - nicht umgekehrt. Die Zeit, in der das Land über seine Verhältnisse gelebt habe, müsse überwunden werden. Der Bildungs- und Forschungshaushalt soll aber wie angekündigt vom Sparzwang ausgenommen bleiben. "Bildung und Forschung sind die zentralen Säulen für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft", heißt es zur Begründung in dem Papier. Deshalb gelte es, an dem Ziel festzuhalten, hierfür 2013 zwölf Millionen Euro zusätzlich bereitzustellen.
Auf neue oder weitere Abgaben müssen sich auch die Finanz- und die Energiebranche einstellen. Die Koalition prüft die Einführung einer neuen Abgabe auf Finanzgeschäfte zusätzlich zur bereits beschlossenen Bankenabgabe. Diese solle auf internationaler Ebene vorangetrieben werden und bis zum 1. Januar 2012 stehen. "Sollte dies jedoch nicht gelingen, wird die weitere angemessene Beteiligung an den Kosten der Finanzmarktkrise ab diesem Zeitpunkt durch nationale Maßnahmen sichergestellt werden", heißt es in dem Papier. Als Ausgleich für längere AKW-Laufzeiten ist eine Brennelemente-Steuer für Kraftwerksbetreiber im Gespräch. So könnten jährlich 2,3 Milliarden Euro zusätzlich in den Bundeshaushalt fließen.