Schwarz-Gelb will Christian Wulff, SPD und Grüne wollen Joachim Gauck nominieren - zumindest sickerte das aus Parteikreisen durch.
Berlin. Es sieht nach zwei Kandidaten aus: Während die schwarz-gelbe Koalition offenbar Niedersachsens Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) ins Rennen um das Bundespräsidentenamt schicken will, sollen sich SPD und Grüne darauf verständigt haben, den Theologen und ersten Chef der Stasi-Unterlagen-Behörde, Joachim Gauck, zu nominieren. So hieß es aus Parteikreisen.
Für 18.15 Uhr berief die CDU eine Telefonschaltkonferenz des Bundesvorstands ein. Thema solle die Bundespräsidentenwahl sein, verlautete aus Parteikreisen.
Die „Bild“-Zeitung berichtete zunächst ohne nähere Quellenangabe, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe sich auf Wulff als Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten festgelegt. CSU und FDP seien mit der Kandidatur des niedersächsischen Ministerpräsidenten einverstanden. Eine offizielle Bestätigung gab es für eine bevorstehende Nominierung Wulffs zunächst nicht. Aus führenden FDP-Parteikreisen hieß es aber, der CDU-Politiker wäre ein „ausgezeichneter Kandidat“.
Wulff ist seit 2003 an der Spitze einer CDU/FDP-Koalition niedersächsischer Ministerpräsident. Außerdem gehört er als stellvertretender Parteichef zum engsten Führungskreis der CDU. Die Koalitionsparteien verfügen in der Bundesversammlung über eine rechnerisch ausreichende Mehrheit, um ihren Kandidaten bei der Neuwahl des Bundespräsidenten am 30. Juni durchzusetzen.
Der 70-jährige frühere DDR-Bürgerrechtler Gauck hatte die Stasi-Unterlagenbehörde seit ihrer Gründung bis zum Jahr 2000 geleitet.
Merkel wollte am Abend in Berlin mit den Ministerpräsidenten der CDU/CSU zusammenkommen. Der 50-jährige Wulff reiste am Nachmittag nach Berlin, um an dem Treffen teilzunehmen.
Als sein wahrscheinlichster Nachfolger in Niedersachsen gilt der niedersächsische CDU-Partei- und Fraktionschef David McAllister. Der 39-Jährige wurde am Donnerstag von einer Dienstreise aus der Türkei zurück erwartet. In Koalitionskreisen hieß es, es sei gar keine Frage, McAllister werde der Nachfolger. Er selber – politischer Ziehsohn Wulffs – wollte sich bislang nicht dazu äußern. Der CDU-Landtagsfraktionschef hatte vor zwei Jahren den CDU-Landesvorsitz übernommen.
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Die CSU hatte bereits im Vorfeld zugesagt, dass sie grundsätzlich eine Entscheidung für die CDU-Politiker Wolfgang Schäuble, Ursula von der Leyen, Norbert Lammert oder Wulff mittragen wolle. Von der Leyen war in den vergangenen Tagen als aussichtsreichste Bewerberin genannt worden. Donnerstagmittag hieß es aber aus Unionskreisen, die enge Vertraute Merkels sei nicht mehr im Rennen.
Gegen die Arbeitsministerin hatten Politiker vom konservativen Flügel der CDU Vorbehalte geäußert. Aber auch aus der FDP wurden Bedenken laut. FDP-Fraktionsvize Jürgen Koppelin verwies im RBB-Inforadio auf die von von der Leyen maßgeblich durchgesetzten Internet-Sperren. Dagegen sprach sich Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer in der „Leipziger Volkszeitung“ (Freitagsausgabe) für von der Leyen aus.
SPD-Chef Sigmar Gabriel kündigte an, seine Partei werde nicht für Wulff stimmen. Er warf Merkel vor, bei der Suche nach einem Nachfolger für Köhler Parteitaktik über das Wohl des Staates zu stellen. „Merkel versucht nur machttaktische Spielchen und scheitert dabei auch noch an der eigenen Partei“, sagte Gabriel in Berlin. Er spielte dabei auf Berichte an, wonach Merkel mit von der Leyen am Widerstand aus den eigenen Reihen gescheitert sei. Gabriel kritisierte auch, dass Merkel auf zwei Angebote der SPD, sich auf einen über den politischen Lagern stehenden Bewerber zu verständigen, nicht eingegangen sei.
Grünen-Chef Cem Özdemir sagte dem Sender n-tv, es geht jetzt nicht darum, „einen Rettungsschirm für Schwarz-Gelb zu machen“. Es gehe darum, „eine Bundespräsidentin, einen Bundespräsidenten zu finden, der oder die breite Zustimmung findet in der Bundesversammlung über das schwarz-gelbe Lager hinaus“.