Für Hannelore Kraft ist es völlig offen, ob es zur Bildung einer großen Koalition in Düsseldorf kommt. Die SPD-Frau droht mit Neuwahlen.
Berlin. Hannelore Kraft hat eine Ampelkoalition in Düsseldorf noch nicht abgeschrieben. Die nordrhein-westfälische SPD-Vorsitzende erwartet, dass die FDP noch einmal über darüber nachdenkt. „Die Liberalen müssen sagen, wie sie mit der neuen Lage umgehen“, sagte Kraft der „Bild am Sonntag“ angesichts der gescheiterten Sondierungsgespräche mit der Linkspartei. Sie gehe davon aus, dass bei der FDP „noch heftig diskutiert“ werde über eine rot-gelb-grüne Landesregierung in Düsseldorf.
Die bisherige Absage der Liberalen an Gespräche über eine Koalition mit SPD und Grünen kritisierte Kraft scharf: „Wir haben zuerst der FDP Gespräche angeboten. Doch die FDP hat sich ihrer demokratischen Verantwortung entzogen. Dieser Verrat an ihrer liberalen Tradition ist nur noch ein Armutszeugnis der Westerwelle-FDP.“ Eine erneute Einladung an die FDP schloss Kraft aus: „Wenn, wären die Liberalen am Zug. Schließlich haben sie die Einladung zu einem gemeinsamen Gespräch mit uns und den Grünen abgelehnt.“
Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel äußerte die Erwartung, dass die FDP in Nordrhein-Westfalen noch einmal über eine Ampelkoalition nachdenken werde. Er hoffe, dass die Liberalen diesbezüglich noch zur Besinnung kämen, sagte Gabriel im Deutschlandfunk. Er schloss aber auch eine Koalition mit der CDU unter dem bisherigen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers nicht aus. Er betonte aber, bei den anstehenden Sondierungsgesprächen gehe es zunächst um Inhalte. Zugleich verteidigte der SPD-Chef das Scheitern der Gespräche mit der Linkspartei. Hier habe Kraft gezeigt, dass die SPD nicht zu allem bereit sei, um an die Regierung zu kommen.
Zu den Sondierungsgesprächen mit der CDU sagte Kraft: „Die Gespräche werden von unserer Seite mit aller Ernsthaftigkeit geführt, aber es ist völlig offen, ob wir uns am Ende auf die Bildung einer gemeinsamen Regierung verständigen werden.“ Entscheidend werde sein, ob die CDU bereit sei, eine weitgehend andere Politik als bisher zu machen. „Wenn sie nicht begreifen und anerkennen, dass ihre Politik der letzten fünf Jahre abgewählt worden ist, wird das schwierig“, sagte sie dem Blatt.
Konkret forderte Kraft von Rüttgers und der CDU einen Politikwechsel in den Bereichen Bildung, Mitbestimmung und Arbeit. „Wir wollen die Studiengebühren abschaffen und durchsetzen, dass die Kinder in NRW künftig länger gemeinsam unterrichtet werden. NRW muss wieder Mitbestimmungsland Nummer eins werden und Vorkämpfer sein gegen den Missbrauch bei der Leih- und Zeitarbeit.“
Die Linkspartei kritisierte die SPD wegen der geplatzten Verhandlungen und attackierte Kraft scharf. „Alles spricht dafür, dass Kraft die Sondierungsgespräche mit allen Parteien gezielt an die Wand fährt, weil sie auf Neuwahlen spekuliert“, teilte Linkspartei-Chef Klaus Ernst mit. „Das ist das Verhalten einer Gutsherrin, die denkt, dass sie demokratische Regeln und Entscheidungen nach eigenem Gutdünken missachten kann.“ Kraft müsse schnell eine klare öffentliche Aussage treffen, ob sie Neuwahlen in NRW anstrebe oder nicht.