Viele Betroffene wollen sich selbst anzeigen. Anwälte bestätigen: “Es geht um Millionenbeträge.“ Wer erwischt wird, muss mit 10 Jahren Haft rechnen.

Hamburg/Berlin. Der von der Bundesregierung beschlossene Ankauf der gestohlenen Steuersünder-Datei aus der Schweiz schlägt hohe Wellen bis nach Hamburg. Wie renommierte Steuerberater in der Hansestadt dem Abendblatt bestätigten, werden derzeit Gespräche mit zahlreichen Mandanten geführt, die befürchten, dass ihr Name in den Datensätzen aufgelistet ist.

"Wir raten unseren Klienten in solchen Fällen generell zu einer Selbstanzeige", sagte Frank Stendel, Steuerberater und auf Steuerrecht spezialisierter Rechtsanwalt in der Kanzlei Buse-Diercks-Stendel an der Elbchaussee. Es werde dann errechnet, wie hoch die Steuernachzahlungen ausfallen könnten, die in diesem Fall auf die Betroffenen zukommen würden. "Dabei geht es um Millionenbeträge", bestätigte der Anwalt. Die Besorgnis der Betroffenen sei groß, insbesondere vor dem Hintergrund der Verhandlungen über ein erweitertes Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz, deren Fortsetzung gestern in Bern beschlossen wurde. Es komme deshalb vermehrt zu Selbstanzeigen.



Der Steuerberater und Rechtanwalt Ulrich Koops von der Hamburger Kanzlei MDS Möhrle & Partner ergänzte, wenn die genauen Bankdaten noch nicht verfügbar seien, bestehe die Möglichkeit einer gestuften Selbstanzeige: "Dann werden gegenüber den Steuerbehörden zunächst großzügig geschätzte Werte angegeben. Diese können später im Veranlagungsverfahren aufgrund der konkreten Bankunterlagen konkretisiert werden."

Zu Selbstanzeigen riet gestern auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) allen Deutschen mit Geheimkonten in der Schweiz. Steuerbetrug ist nur straffrei, wenn eine umfassende Selbstanzeige mit Belegen rechtzeitig vorliegt. Ermitteln die Fahnder bereits, ist es zu spät. Dann drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Heiße Scheibe aus der Schweiz

Schäuble bestätigte, dass politisch die Entscheidung für den Ankauf der CD bereits gefallen sei. Bund und Länder wollen sich die Kosten von 2,5 Millionen Euro für die mutmaßlich von Dieben angebotene brisante Datensammlung teilen. Die FDP verlangte von Schäuble eine gründliche Prüfung, bevor die Behörden zuschlagen. "Der Bundesfinanzminister ist gut beraten zu prüfen, ob diese Adressen rechtlich unproblematisch angekauft und verwendet werden können", sagte Fraktionschefin Birgit Homburger.

Ein Dresdner Rechtsanwalt hat inzwischen Strafanzeige gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erstattet. Der Vorwurf lautet auf öffentliche Aufforderung zu Straftaten und Anstiftung zur Hehlerei.