In Baden-Württemberg droht Koalitionsstreit wegen Beschaffung weiterer Daten. Sondersitzung des Kabinetts Anfang der Woche.
Frankfurt/Main. Der Kauf der brisanten Schweizer Steuer-CD soll nach Informationen des „Focus“ an diesem Wochenende über die Bühne gehen. Das Magazin beruft sich in einer Vorabmeldung vom Sonnabend auf Ermittlerkreise. Vier Fahnder der Wuppertaler Steuerfahndung seien auf dem Weg nach Frankreich, schreibt das Blatt weiter. Der bislang unbekannte Anbieter solle verlangt haben, dass das Treffen im benachbarten Ausland stattfinde. Denn er befürchtet dem Bericht zufolge offenbar, dass ihm bei einer Einreise nach Deutschland die Verhaftung drohe.
In den Fall war nach Informationen des Magazins auch der Bundesnachrichtendienst eingebunden. Die Wuppertaler Steuerbehörde und das übergeordnete Landesfinanzministerium waren zunächst für Stellungnahmen nicht zu erreichen.
Der Anbieter der Steuer-CD hatte sich laut „Focus“ zunächst an die Wuppertaler Finanzbehörde gewandt. Per E-Mail soll er angefragt haben, ob Interesse an sensiblen Daten deutscher Kunden einer Schweizer Bank bestehe. Da der Absender für die Fahnder nicht identifizierbar gewesen sei, seien Spezialisten vom BND um Amtshilfe gebeten worden. Die Geheimdienst-Kollegen sollten demnach den Weg der E-Mail zurückverfolgen und den Verfasser enttarnen. Doch der Versuch sei misslungen.
"Kein Deal mit Ganoven“
Nach Nordrhein-Westfalen wird auch die baden-württembergische Landesregierung über den Kauf von Daten über mögliche deutsche Steuersünder beraten. Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) setzte für Montagnachmittag (17.00 Uhr) eine außerordentliche Kabinettssitzung an, wie das Staatsministerium am Samstag mitteilte.Finanzminister Willi Stächele hatte am Freitag bestätigt, dass auch in seinem Bundesland ein Angebot mit Schweizer Daten über 2.000 möglicher Steuersünder aus der Bundesrepublik aufgetaucht sei. Der CDU-Politiker zeigte sich prinzipiell zum Kauf der Daten bereit.
Innerhalb der schwarz-gelben Koalition in Stuttgart droht allerdings Streit: Justizminister Ulrich Goll (FDP) kündigte in Interviews sein Veto für den Fall an, dass die Daten illegal beschafft worden sind. „Wenn es Daten sind, die auf illegalem Weg ans Finanzministerium gekommen sind, werde ich mich bei einem Ankauf querstellen“, sagte der stellvertretende Ministerpräsident dem „Focus“ zufolge.
Der „Bild am Sonntag“ sagte er laut Vorabmeldung: „Grundsätzlich lehne ich den Ankauf von illegal erlangten Daten über Steuersünder ab. Wenn die Baden-Württemberg angebotene CD aus illegaler Quelle stammt, kommt ein Ankauf nicht infrage.“ Für solche Dateien dürfe kein Steuergeld fließen. „Dagegen werde ich mein Veto einlegen. Kein Deal mit Ganoven“, wurde er weiter zitiert.
Goll warnt vor Deals mit Steuersünder-Dateien
Goll warnte seine Partei zudem, aus Angst vor einem falschen Image sich auf Deals mit Steuersünder-Dateien einzulassen. „Die große Mehrheit im bürgerlich-liberalen Lager spüre, dass ein Kauf von illegal erworbenen Daten aus rechtstaatlichen Gründen falsch sei. „Aber Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble wollen nicht als Politiker gelten, die Steuersünder schützen. Und auch in der FDP haben viele vor diesem Image Angst, weil wir gerade wieder in die Ecke der Klientelpartei gestellt werden“, sagte der FDP-Politiker laut „BamS“ weiter.
Wie der „Focus“ weiter schreibt, soll sich mittlerweile in Berlin der Besitzer eines Schweizer Kontos selbst angezeigt haben und mit der Finanzbehörde die Begleichung seiner Steuerschuld in Höhe von rund 4,5 Millionen Euro vereinbart haben.