Länder sollen rechtliche Details des Datenkaufs klären. Druck auf die Betroffenen nimmt zu. Deutschland und die Schweiz verhandeln weiter über Doppelbesteuerungsabkommen.
Berlin. Der Druck auf die rund 1500 Steuersünder, die ihr Geld am Fiskus vorbei auf Schweizer Geheimkonten geparkt haben, nimmt weiter zu. Nach dem Auftauchen einer CD mit Bankdaten der Steuerflüchtlinge, die die Bundesregierung ankaufen will, hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) den Betroffenen zur Selbstanzeige geraten. Schäuble sagte der "Augsburger Allgemeinen", er rate jedem, der meine, er habe Steuern hinterzogen, das Angebot zur Selbstanzeige zu nutzen.
Die Regierung hat den Ankauf der mutmaßlich gestohlenen Datensätze bereits abgesegnet, was Schäuble gegenüber der Zeitung aber gegen kritische Stimmen, die auch in seiner Partei laut geworden waren, verteidigte. Die politische Entscheidung über den Umgang mit solchen Angeboten sei im Grundsatz schon vor zwei Jahren gefallen, als sein Vorgänger Peer Steinbrück (SPD) die sogenannte Liechtenstein-CD ankaufen ließ, argumentierte Schäuble. "Diese Linie behalten wir bei." In den fast 200 Prozessen, die daraufhin gegen Steuersünder geführt wurden, habe kein Gericht die damals gekauften Kontodaten als Beweismittel verworfen. Auch das Bundesverfassungsgericht habe in vielen Fällen ein derartiges Vorgehen gebilligt: "Es gilt immer das Gebot der Güterabwägung und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit", sagte Schäuble.
Bund und Länder wollen sich die Kosten von 2,5 Millionen Euro für die Steuer-CD teilen. Auch Österreich, Belgien und die Niederlande sollen unterdessen Interesse an der brisanten Datensammlung angemeldet haben. Die Schweizer Regierung kritisierte die Haltung Berlins, will die Verhandlungen über ein Doppelbesteuerungsabkommen aber nicht abbrechen, wie sie gestern in Bern beschloss. Allerdings verstoße der Deal "gegen Treu und Glauben", so wurde moniert. Er belaste die Beziehungen zwischen den Staaten. Deshalb werde in Fällen von Datendiebstahl auch keine Amtshilfe geleistet.
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) bemühte sich um eine Entschärfung des Tons: "Ich rate allen Beteiligten zur Besonnenheit und zur gründlichen rechtsstaatlichen Prüfung", sagte er. Es sei aber klar, dass Steuerhinterziehung konsequent bekämpft werden müsse.
Die rechtliche Prüfung des Kaufs der Steuer-CD von einem Informanten durch die Steuerbehörden in Nordrhein-Westfalen dauert unterdessen an. Bei den Kosten soll es eine einvernehmliche Lösung geben, sagte Schäubles Sprecher Michael Offer. Schon in der Liechtenstein-Affäre vor zwei Jahren hatten Bund und Länder zusammen die fünf Millionen Euro für den Erwerb von gestohlenen Bankdaten bezahlt.
Die Finanzämter machen derweil alle Bürger, die Steuerbetrug begangen haben, darauf aufmerksam, dass sie nur dann straffrei bleiben, wenn eine umfassende Selbstanzeige mit Belegen rechtzeitig vorliegt. Ermitteln die Steuerfahnder schon, sei es dafür zu spät. Unklar ist weiter, welche Schweizer Banken betroffen sind. Die "Financial Times Deutschland" berichtete, es seien mehrere Datensätze von eidgenössischen Banken in Umlauf. Unter anderem gehe es angeblich um Konten bei den Banken Crédit Suisse, Julius Bähr und HSBC.
Eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht gegen eine frühere Hausdurchsuchung in der Liechtenstein-Affäre sieht das Finanzministerium gelassen. Es sei offen, ob Karlsruhe die Beschwerde überhaupt annehme, hieß es. Auch die Polizei bezahle schließlich für Informationen, um Straftaten aufzudecken, wurde argumentiert. Eines allerdings glaubt Schäuble nicht: Dass die neuen Enthüllungen zu mehr Steuerehrlichkeit führen wird. "Die Fantasie der Menschen, zu Geld zu kommen und dabei auch Steuern zu sparen, ist im Zweifel immer stärker", sagte er.