„Es hat kein Geschäft gegeben, bei dem nicht hochrangige Politiker intensiv mitgemischt und entschieden haben“, so Schreiber.
Augsburg. Strohmann, Strippenzieher – oder ein durchtriebener Polit-Verbrecher? Gleich zu Beginn seines Prozesses wegen Steuerhinterziehung und Bestechung hat der angeklagte Waffenhändler und Lobbyist Karlheinz Schreiber alle Vorwürfe zurückgewiesen. „Der Anklage trete ich vollumfänglich entgegen und bestreite die Vorwürfe.“ Sein Verteidiger Jan Olaf Leisner verlas vor dem Landgericht Augsburg eine schriftliche Erklärung des 75-Jährigen. Darin stellte Schreiber sich lediglich als Mittler für Flugzeug- und Panzergeschäfte dar. Er habe Provisionen meist nur erhalten, um diese weiter zu verteilen.
„Es sind Millionenbeträge über ausländische Konten gelaufen, die formal mir zu gehören scheinen. Dahinter standen jedoch andere Personen.“ Wesentliche Weichenstellungen und Entscheidungen seien von Politikern wie dem verstorbenen CSU-Chef Franz Josef Strauß, seinem „Weggefährten und Freund“, getroffen worden. Als kleiner Geschäftsmann habe er nicht einfach zwischen Staaten hin- und herspazieren und Großaufträge vermitteln können, ließ Schreiber erklären. Ohne politische Unterstützer wäre er von den maßgeblichen Leuten nicht einmal empfangen worden. „Es hat keinen Auftrag ohne Gegenleistung gegeben. Und es hat kein Geschäft gegeben, bei dem nicht hochrangige Politiker intensiv mitgemischt und entschieden haben“, hieß es in Schreibers Erklärung. Er habe zwar auch selbst Provisionen erhalten, hier habe er aber Einnahmen in Höhe von 18 Millionen Mark versteuert.
Die Staatsanwaltschaft wirft Schreiber vor, von 1988 bis 1993 insgesamt 24 Millionen Mark Steuern hinterzogen zu haben. Als Vermittler bei der Lieferung von Fuchs-Spürpanzern an Saudi-Arabien, von Airbus-Flugzeugen an Fluggesellschaften in Kanada und Thailand sowie bei der Lieferung von Hubschraubern an die kanadische Küstenwache habe er über Briefkastenfirmen 64,5 Millionen Mark kassiert und auf Treuhandkonten in Panama, Liechtenstein und der Schweiz vor dem deutschen Fiskus versteckt.
Schreiber habe seine Kontakte zu Politikern und in die Industrie genutzt und „ein für die Finanzbehörden undurchschaubares Lügengebäude“ errichtet, sagte Staatsanwalt Marcus Paintinger. Bei der Lieferung der Fuchs-Panzer aus Bundeswehr-Beständen habe er Beihilfe zum Betrug durch überhöhte Provisionen geleistet und den damaligen Bonner Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls bestochen. Außerdem habe er zwei Managern der Panzerschmiede Thyssen-Henschel Provisionen weitergereicht und damit Beihilfe zur Untreue geleistet.
Im dunklen Anzug stellte Schreiber sich lächelnd und bereitwillig den Kameras und Fotografen. Er werde im Laufe des Prozesses seine Sicht der Dinge darlegen, ließ er ankündigen. Er könne nicht für alle Zahlungen, die ihm in der Anklage zur Last gelegt werden, Belege liefern. Empfänger wie Pfahls oder der CDU-Bundesminister Wolfgang Schäuble und der frühere CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep hätten keine Quittungen unterschrieben. Sinn des Systems sei es gewesen, die Empfänger der Gelder zu verschleiern.
Gerichtssprecher Karl-Heinz Haeusler sagte, dass die Kammer die Bestechung für wahrscheinlich verjährt hält und dass Schreiber – wegen einer entsprechenden Einschränkung im kanadischen Auslieferungsschreiben – nicht wegen Beihilfe zur Untreue verurteilt werden kann.
„Es geht heute im Kern lediglich noch um den Vorwurf der Steuerhinterziehung“, sagte Schreibers Verteidiger Jens Bosbach. Allerdings sei „nicht einer der genannten Steuerbeträge korrekt“, meinte er und kündigte umfangreiche Beweisanträge an. Der Prozess ist bis Mai terminiert. Bei einer Verurteilung drohen Schreiber bis zu 15 Jahre Haft. Der Lobbyist gilt als eine der Schlüsselfiguren der CDU-Spendenaffäre, die vor zehn Jahren Deutschland erschütterte.