Er lässt sich nicht fotografieren und sagt kein Wort: Karlheinz Schreiber muss eine Haftstrafe fürchten. Ein Prozess käme erst nach der Bundestagswahl zustande. Ströbele (Grüne) bringt neuen Untersuchungsausschuss ins Gespräch.
Augsburg. Er wirkte mitgenommen, die Flecken im Gesicht waren noch auffälliger als sonst: Dem früheren Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber (75) ist einen Tag nach seiner Auslieferung aus Kanada der Haftbefehl verlesen worden. Über seinen Anwalt ließ er alle Vorwürfe pauschal abstreiten. Ein Gerichtssprecher sagte, der Haftbefehl sei ihm von drei Richtern und drei Staatsanwälten eröffnet worden. Gegen Schreiber liegt vor dem Landgericht Augsburg eine zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage wegen millionenschwerer Steuerhinterziehung, Betrugs und Bestechung in mehreren Fällen vor.
Schreiber lehnte es ab, fotografiert zu werden. Sein Anwalt Jens Wursbach wollte keine Stellungnahme abgeben. Der Ex-Waffenhändler ist eine Schlüsselfigur im CDU-Spendenskandal um den ehemaligen Bundeskanzler und Parteivorsitzenden Helmut Kohl. Schreiber soll über ein Schweizer Tarnkontensystem Politiker und Industrielle bestochen haben. Nach der Eröffnung des Haftbefehls zog sich das Gericht zu einer kurzen Beratung zurück. Wann die Verhandlungen beginnen, war zunächst unklar. Mit einer Terminierung des Prozessbeginns sei am Dienstag nicht mehr zu rechnen, sagte Landgerichtspräsident Herbert Veh.
Schreiber war am Sonntagabend nach zehn Jahre währendem Tauziehen aus Kanada ausgewiesen worden und nach München geflogen worden. Die Grundlage für die Auslieferung war ein internationaler Haftbefehl der Augsburger Staatsanwaltschaft. Schreiber hatte sich seit 1999 durch seine Flucht über die Schweiz nach Kanada den deutschen Behörden entzogen. Der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Christian Ströbele, schließt einen neuen Untersuchungsausschuss zur CDU-Parteispendenaffäre nicht aus. Er sagte im Deutschlandradio Kultur, ob ein weiterer solcher Ausschuss notwendig wäre, hänge davon ab, „was Herr Schreiber bringt“. Der Ex-Waffenhändler hatte früher mit brisanten Enthüllungen gedroht.
Ströbele sagte, er wisse inzwischen, dass bei einer Hausdurchsuchung bei Schreiber in Kanada umfangreiche Unterlagen sichergestellt worden seien, die dem damaligen Untersuchungsausschuss nicht zur Verfügung gestanden hätten. Im Abschlussbericht dieses Ausschusses sei ausdrücklich die Möglichkeit erwähnt, die Untersuchung zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen. Der Grünen-Politiker forderte, Schreiber solle „jetzt mal die volle Wahrheit auf den Tisch legen“. „Wenn er jetzt so frühzeitig anfangen würde zu plaudern, dann könnte das schon bis zur Bundestagswahl auch eine gewisse Rolle spielen“, meinte Ströbele.
Der SPD-Politiker Peter Danckert, der dem Untersuchungsausschuss angehörte, warnte davor, Schreiber zum Thema im Bundestagswahlkampf zu machen. „Er ist ja immerhin jemand, der im Verdacht steht, hochkriminelle Handlungen begangen zu haben. Dass das unser Kronzeuge sein soll, dass er uns helfen soll für den Bundestagswahlkampf, das halte ich für ausgeschlossen. Darauf soll niemand bauen“, sagte Danckert im ARD-Morgenmagazin. Es sei unter anderem noch ungeklärt, ob Schreiber zu den Spendern gehört habe, die Ex-Kanzler Helmut Kohl bis heute noch nicht genannt habe. „Aber ich glaube, das hat heute keine Relevanz mehr“, sagte Danckert.