Für Wolfgang Bosbach ist die Kursdebatte der CDU auch nach der Verabschiedung der “Berliner Erklärung“ ein Thema. Er hat Zweifel.
Hamburg. Wolfgang Bosbach, Vorsitzender des Innenausschusses und Wortführer des neuen Katholischen Arbeitskreises der CDU, hält die Kursdebatte in der Union auch nach der Verabschiedung „Berliner Erklärung“ nicht für beendet. „Ich fürchte, dass der Streit um das Profil der Partei weitergeht, solange ein entschiedenes Sowohl-als-auch als geschickte Strategie gilt“, sagte er dem „Hamburger Abendblatt“ (Sonnabend-Ausgabe). „In den letzten Jahren hat es schon eine Reihe von Papieren gegeben mit dem Tenor: "Die Union darf die Konservativen nicht vernachlässigen“, erinnerte Bosbach. „Aber eine nachhaltige Wirkung konnte ich noch nicht feststellen“, sagte er.
Wolfgang Bosbach im Abendblatt-Interview: "Ich fürchte, dass der Streit weitergeht"
Es sei „natürlich“ richtig, dass der Parteivorstand sich künftig verstärkt um Wähler von SPD, Grünen und FDP bemühen wolle. Er sei aber gespannt, wie sich das in der Praxis gestalten solle, wenn man gleichzeitig die konservative Stammwählerschaft nicht aus dem Blick verlieren wolle. Schließlich habe die Union bei dieser Klientel bereits bei der Bundestagswahl überdurchschnittlich hohe Verluste erlitten. „Das darf uns nicht gleichgültig lassen“. Bosbach forderte: „Was wertkonservative Politik für die Union bedeutet, müssen wir in wichtigen Politikfeldern konkretisieren.“ Beispiele seien Lebensschutz oder Familienpolitik. In solchen Sachfragen wollten die Menschen wissen, „wofür die Union als Partei geschlossen eintritt, und nicht, welche verschiedenen Auffassungen es in der Partei gibt.“
Der CDU-Politiker verteidigte ausdrücklich die Gründung des Katholischen Arbeitskreises: „Ich frage mich, warum einige zusammenzucken“, sagte er in Richtung des Parteivorstandes, „wenn sich engagierte katholische Christen zusammensetzen, um gemeinsam zu überlegen, wie man der Union helfen kann.“
Zuvor hatte CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel eine breite Unterstützung für ihren Modernisierungskurs erhalten. Das habe die einstimmige Verabschiedung der „Berliner Erklärung“ zur Ausrichtung der Partei gezeigt, sagte Merkel nach der CDU-Vorstandsklausur in Berlin. In dem Strategiepapier legt sich die Union unter anderem darauf fest, sich auch für Wähler des linken Spektrums zu öffnen und die Steuerreform voranzutreiben.
Angela Merkel zeigte sich nach dem Treffen zufrieden. Es sei eine „ehrliche Klausurtagung“ gewesen. Um den grundsätzlichen Kurs für die CDU als Volkspartei festzulegen, sei eine intensive Auseinandersetzung über die Ausrichtung wichtig gewesen. Innerhalb der Union war in den vergangenen Tagen viel über das richtige Profil diskutiert worden. Einige Landespolitiker hatten einen konservativen Kurs und mehr Führungsstärke von Merkel gefordert.
In dem verabschiedeten Strategie-Papier sieht Merkel nun alle Flügel der CDU berücksichtigt. „Die einstimmige Akzeptanz zeigt, dass sich alle – egal welche Strömung – mit dieser Berliner Erklärung identifizieren können.“ Die CDU wolle für jedermann ein Angebot machen: „Für Stammwähler, die schon lange auf die CDU vertrauen und genauso für die, die noch nicht immer bei uns waren und vielleicht bei anderen Parteien keine Antworten finden, die sie zufriedenstellen.“
Als Konsequenz aus den starken Verlusten legt sich die CDU in der "Berliner Erklärung" darauf fest, sich künftig stärker als bisher um Wähler von FDP, SPD und Grünen zu bemühen. Es gehe darum, „alle Schichten und Gruppen“ anzusprechen. Das Ergebnis von 33,8 Prozent im vergangenen Herbst müsse Ansporn sein, wieder mehr Menschen zu gewinnen. Mit der Klima- und Umweltschutzpolitik etwa sollten Wähler angezogen werden, „denen die Bewahrung der Schöpfung ein besonderes Anliegen ist“. Gleichzeitig bekennt sich die CDU aber auch zu ihren Stammwählern.
In der „Berliner Erklärung“ spricht sich die CDU auch ausdrücklich für weitere Steuerentlastungen im nächsten Jahr aus. Der eingeschlagene Weg werde 2011 mit einer Steuerstrukturreform fortgesetzt, heißt es in dem Papier. Ziel sei es, das Steuersystem zu vereinfachen und mehr Leistungsgerechtigkeit zu schaffen, um Wachstumsimpulse zu setzen. Allerdings betont die CDU, dass der Rahmen für die Entlastungen die wirtschaftliche Entwicklung und die notwendige Haushaltskonsolidierung vorgeben müssten.
Auf Betreiben des saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller wird zudem explizit die Einhaltung der Schuldenbremse im Grundgesetz als wichtige Maßgabe herausgestellt. Ab 2011 werde das strukturelle Defizit des Bundes innerhalb von fünf Jahren um rund 60 Milliarden Euro stufenweise zurückgeführt.