Der Rücktritt von Dieter Bartsch ist die Konsequenz seiner Auseinandersetzungen mit Parteichef Oskar Lafontaine.
Berlin. Der Machtkampf in der Linkspartei ist beendet. Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch hat angekündigt, dass er auf dem Rostocker Parteitag im Mai nicht wieder für sein Amt kandidieren wird. Er wolle die seit Wochen schwelende Personaldebatte beenden, die inzwischen bereits die "Politikfähigkeit" der Partei gefährde, hieß es in der schriftlichen Erklärung des 51-Jährigen in Berlin. Mit seinen innerparteilichen Kritikern ging Bartsch bei der Gelegenheit hart ins Gericht: "Über mich wurden Lügen verbreitet, gegen mich wurden inakzeptable Vorwürfe in zum Teil extrem kulturloser Weise erhoben. Sogar von Illoyalität war die Rede."
Der hochgewachsene Mann aus Stralsund zog damit die Konsequenz aus seiner Auseinandersetzung mit Parteichef Oskar Lafontaine, dessen politische Zukunft nach seiner Krebserkrankung nach wie vor ungewiss ist. Westdeutsche Landesverbände hatten geklagt, Bartsch habe Gerüchte über Lafontaines Privatleben an die Medien weitergegeben. Das bestreitet Bartsch. Im Kern gehe es auch gar nicht um eine personelle Auseinandersetzung, meinte er am Freitag: "Es geht um die politische und strategische Ausrichtung der Partei. Wie in jeder Partei, so gibt es auch in der Linken Auseinandersetzungen um den Kurs und um politische Herangehensweisen."
Partei: Dietmar Bartsch – Realpolitischer Parteimanager
Gregor Gysi hat Bartschs Rückzug begrüßt. Dessen Entscheidung verlange seinen "höchsten Respekt", erklärte der Bundestagsfraktionsvorsitzende der Linken. Sie tue ihm zwar persönlich weh, aber "im Unterschied zu einigen anderen" halte er, Gysi, Bartschs Entscheidung für "politisch erforderlich".
Zu diesen "anderen" gehörte Matthias Höhn, der Linkspartei-Vorsitzende in Sachsen-Anhalt. Höhn meinte empört, Bartsch sei "mit absurden Schuldzuweisungen und Unterstellungen" aus dem Amt gedrängt worden.
Bodo Ramelow, der Linken-Fraktionschef im Thüringer Landtag, sieht seine Partei sogar schon in einem "Führungsvakuum". Ramelow kritisierte erneut das Verhalten von Gregor Gysi, der Bartsch bei der Fraktionsklausur Anfang der Woche öffentlich Illoyalität gegenüber Parteichef Oskar Lafontaine vorgeworfen hatte. "Ein solcher Führungsstil ist nicht akzeptabel", sagte Ramelow der Deutschen Presse-Agentur. "Diese Veranstaltung hätte ich gerne nicht erlebt. Ein Vorstand muss so etwas hinter verschlossenen Türen regeln." Ramelow forderte die Parteiführung auf, vor weiteren Personaldebatten über die künftige Ausrichtung der Partei zu sprechen. Es sei ein Fehler gewesen, die Programmdebatte ein halbes Jahr auf Eis zu legen. "Wir müssen endlich entscheiden: Ist Regieren für uns ein Mittel zur Veränderung der Gesellschaft - ja oder nein?"
Die SPD hat Dietmar Bartsch unterdessen den Übertritt zu den Sozialdemokraten angeboten. Es werde in der Linkspartei offenbar eng für diejenigen, die "nicht auf Populismus und starke Sprüche setzen", sagte der Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier der "Bild"-Zeitung. "Wer von denen den Weg zur SPD gehen will, findet offene Türen." Und der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel befand: "Weltoffene und verantwortungsbewusste Menschen haben neben Oskar Lafontaine keinen Platz." Dass Lafontaine den im Osten beliebten Politiker Bartsch zum Rückzug gezwungen habe, zeige, "dass Lafontaine mit den Bedürfnissen der Menschen in Ostdeutschland heute genauso wenig anfangen kann wie 1989", sagte Gabriel der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".