Die FDP fordert weitere Steuersenkungen und stößt auf Widerstand: Finanzminister Schäuble will sie verschieben oder verringern.
Berlin. Um 20 Milliarden will die FDP die Bürger und Unternehmen von 2011 an pro Jahr entlasten. Ein ehrgeiziger Plan, der angesichts leerer Haushaltskassen auf immer größeren Widerstand in der Koalition trifft. Kurz vor dem Krisentreffen der Koalitionsspitzen hieß es laut „Süddeutscher Zeitung“ in Regierungskreisen, die Reform müsse abgespeckt, verschoben oder durch Einsparungen an anderer Stelle gegenfinanziert werden. Sonst sei sie nicht zu verantworten. Die Bedenken werden der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geteilt.
Um einen Ausweg zu finden, werden laut „SZ“ im Finanzministerium derzeit unterschiedliche Modelle berechnet. Das Problem dabei sei der von den Liberalen geforderte steuerliche Stufentarif. Um ihn einführen zu können, müsste die Steuerlast im Vergleich zum jetzigen Stand um mindestens 15, wahrscheinlich sogar um 20 Milliarden Euro verringert werden. Anderenfalls würden zwar viele Bürger sehr stark entlastet, einige wenige Gruppen müssten aber womöglich sogar mehr Steuern zahlen als bisher. Das wolle die Koalition in jedem Fall vermeiden.
"Wir können weder darauf setzen, dass sich die gesamte Reform durch mehr Wirtschaftswachstum selbst finanziert, noch darauf, dass wir brutal einsparen können“, hieß es laut „SZ“ in Regierungskreisen. Deshalb sei auch eine Streckung oder Verschiebung der Reform auf 2012 oder 2013 denkbar. Um den Steuerstreit in der Koalition zu beenden, findet am Sonntag ein Sechs-Augen-Treffen der Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Guido Westerwelle (FDP) statt.
Im Vorfeld des Krisengipfels hat sich auch Ministerpräsident Roland Koch (CDU) im Abendblatt-Interview skeptisch über das zentrale Vorhaben der Bundesregierung geäußert, mit Steuersenkungen zusätzliches Wirtschaftswachstum zu stimulieren. „Steuersenkungen haben für das Wirtschaftswachstum eine geringere Bedeutung, als viele glauben“, sagte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende dem Abendblatt.
Die Entlastungspläne hätten sich „durch den Wahlkampf ergeben“ und lägen „keineswegs in der alleinigen Verantwortung der FDP“. Die Koalitionspartner müssten diese Frage nun „vernünftig miteinander diskutieren“.
Koch rief CDU, CSU und FDP dazu auf, sich an das gemeinsam verabredete Verfahren zu halten: „Wir schauen, was die Steuerschätzung im Mai ergibt. Erst danach fallen Entscheidungen.“ Der Ministerpräsident äußerte die Erwartung, dass die FDP „am Ende sehr professionell mit ihrer Regierungsverantwortung umgehen wird“. Er wisse aus eigener Erfahrung, dass der Weg von der Opposition in die Regierungstätigkeit nicht immer einfach sei.