Die Baronesse war Gordon Browns zweite Wahl. Der Premier wollte eigentlich Tony Blair als Ratspräsidenten.
Brüssel. Sie vertritt künftig die Europäische Union als EU-Außenministerin in aller Welt, dabei ist sie sogar in ihrer eigenen Heimat Großbritannien noch weitgehend unbekannt. Catherine Ashton (53) gilt als anerkannte Wirtschaftsexpertin. Als ernsthafte Kandidatin für den neuen EU-Spitzenposten war die britische Handelskommissarin bis zuletzt aber nicht gehandelt worden. Zwar bekleidet sie ein Schlüssel-Ressort in der Kommission, doch viele Beobachter hielten sie für zu unerfahren für den Top-Job – schließlich ist sie erst seit Ende 2008 auf dem Brüsseler Parkett vertreten.
Sie wurde damals Nachfolgerin von EU-Kommissar Peter Mandelson, der Brüssel den Rücken kehrte und Wirtschaftsminister der Labour-Regierung von Premierminister Gordon Brown wurde. Ashton war damit die erste Frau auf dem wichtigen Kommissionsposten. Als kurz vor dem entscheidenden Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs die Rufe nach mehr Frauenpräsenz in EU-Spitzenjobs lauter wurden, fiel zwar auch der Name Ashton. Doch noch nicht einmal der britische Premierminister Brown hatte ihren Namen öffentlich ins Spiel gebracht.
Bis zuletzt hatte der Taktiker Brown immer seinen Vorgänger Tony Blair im Gespräch gehalten – allerdings für das Amt des EU-Präsidenten. Ashton gilt als Browns langjährige Vertraute, der Premier hatte ihre politische Karriere stets gefördert. Bevor sie nach Brüssel ging, war Ashton Repräsentantin der britischen Regierung im britischen Oberhaus. Dort war die Labour-Politikerin maßgeblich daran beteiligt, den EU-Reformvertrag von Lissabon durch die zweite Kammer des Parlaments zu bringen.
Ihre Ernennung zur Handelskommissarin war damals nicht auf ungeteilte Zustimmung gestoßen. Kritische Stimmen hatten ihr mangelnde Erfahrung auf der europäischen Bühne vorgeworfen. Und Ashton trat zumindest deutlich zurückhaltender als ihr stets präsenter Vorgänger Mandelson auf – was ihre Unterstützer jedoch als Einfühlungsvermögen und politisches Gespür auslegten.
Ashton wurde in Upholland in der englischen Grafschaft Lancashire geboren, woher sie auch ihren Titel „Baroness Ashton of Upholland“ trägt. Nachdem sie Wirtschaftswissenschaften an der London University studiert hatte, arbeitete sie in den 80er Jahren an einem Projekt, bei dem sie mit Firmen und Gemeinden effektive Wirtschaftsstrategien entwickelte. Zudem setzte sie sich stark für Fragen der Gleichberechtigung ein.
Nach einem Abstecher als Leiterin der Gesundheitsbehörde der Grafschaft Hertfordshire arbeitete sie von 2001 bis 2004 als Parlamentarische Staatssekretärin und Regierungssprecherin im Bildungsressort. 2004 wechselte sie ins Justiz- und Verfassungsministerium. Nach seiner Amtsübernahme hob Brown sie 2007 auf den Posten des „Leaders of the House of Lords“. In dieser Funktion vertrat sie die Interessen der Regierung im Oberhaus. Ashton ist mit dem Journalisten Peter Kellner verheiratet und hat drei Stiefkinder sowie zwei eigene Kinder. (dpa)