Ein Belgier wird erster Präsident Europas, die Britin Ashton übernimmt das Außenressort. Pierre de Boissieu bleibt Generalsekretär.
Brüssel. Der erste ständige Präsident der Europäischen Union heißt Herman Van Rompuy. Auf den 62-jährigen belgischen Premierminister verständigte sich der EU-Sondergipfel am Donnerstagabend einhellig in Brüssel. Als erste Außenministerin nominierten die 27 EU-Staats- und Regierungschefs die bisherige britische EU-Handelskommissarin Catherine Ashton. Ihre Benennung muss im Gegensatz zu Van Rompuy noch durch das Europäische Parlament bestätigt werden.
Anlass der Personalentscheidungen ist der EU-Reformvertrag von Lissabon, der zum 1. Dezember in Kraft treten soll. Der Vertrag sieht vor, dass erstmals ein Präsident des Europäischen Rates gewählt wird, und zwar mit einer Amtszeit von zweieinhalb Jahren. Der ständige EU-Ratspräsident, der die Gipfel leitet und die EU nach außen repräsentiert, löst mit Inkrafttreten des Reformvertrages die alle sechs Monate rotierenden nationalen EU-Präsidentschaften ab.
Die bisherigen Funktionen des EU-Außenbeauftragten und des EU-Außenkommissars werden im Amt des „Hohen Vertreters der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik“ gebündelt, womit die globale Position der EU gestärkt werden soll. Für den Posten, der im Gegensatz zum Präsidenten auf fünf Jahre angelegt ist, wurde Lady Ashton vorgeschlagen. Da sie in der Funktion des EU-Außenministers zugleich Vizepräsident der EU-Kommission sein wird, hat das Europäische Parlament hier das letzte Wort.
In den vergangenen Tagen waren Dutzende von Namen für die Toppositionen ins Gespräch gebracht worden. Nachdem verschiedene EU-Länder gegen einzelne Vorschläge ihre Vorbehalte deutlich gemacht hatten, dämpfte der amtierende EU-Ratspräsident und schwedische Regierungschef Fredrik Reinfeldt vor dem Sondergipfel noch die Zuversicht auf eine rasche Einigung. Vorangegangen waren zweiwöchige Konsultationen Reinfeldts, die kein einhelliges Ergebnis brachten. Entscheidung des Gipfels musste einstimmig fallen.
Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten das neue europäische Vertragswerk am 13. Dezember 2007 in der portugiesischen Hauptstadt unterzeichnet und damit jahrelange Verhandlungen über eine Reform der Institutionen der Europäischen Union beendet. Der Lissabon-Vertrag erweitert die Zuständigkeiten der EU mit ihren derzeit 27 Mitgliedstaaten und öffnet den Weg für neue Mitglieder.
Ziel des Vertrags ist ein demokratischeres, transparenteres und handlungsfähigeres Europa. Demnach nimmt das Gewicht des Europäischen Parlaments zu – vor allem bei der Gesetzgebung, der Entscheidung über den EU-Haushalt und der Genehmigung internationaler Übereinkommen. Das EU-Parlament soll hier weitgehend gleichberechtigt sein zum Rat, dem die Minister der nationalen Regierungen der Mitgliedstaaten angehören. Auch juristisch wird die Stellung der EU mächtiger: Die Europäische Gemeinschaft wird grundsätzlich als „Union“ bezeichnet und erhält eine eigene „Rechtspersönlichkeit“.
Der Franzose Pierre de Boissieu bleibt für weitere zwei Jahre Generalsekretär des EU-Ministerrats. Das teilte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy nach dem EU-Gipfeltreffen am Donnerstag in Brüssel mit. Damit ist der Europaexperte im Berliner Kanzleramt, Uwe Corsepius, aus dem Rennen. Der Posten des Generalsekretärs ist eine Schlüsselposition bei der Verteilung von Projekten der Staats- und Regierungschefs und der Formulierung von Kompromissen bei Streitthemen zwischen den 27 EU-Ländern.