Verteidigungsminister zu Antrittsbesuch in Washington - Sondierungen vor US-Entscheidung und Konferenz
Washington. Verteidungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat in den USA Selbstbewusstsein bei einer neuen Strategie für das internationale Engagement in Afghanistan demonstriert. Guttenberg sagte am Donnerstag nach einem Treffen mit seinem amerikanischen Kollegen Robert Gates: „Deutschland hat die Möglichkeiten und durchaus auch das Selbstbewusstsein, seine eigenen Vorstellungen einzubringen.“ Die beiden Länder würden sich bis zu der für Januar 2010 geplanten Afghanistan-Konferenz abstimmen, sagte der Minister.
An dem Donnerstag in sein Amt eingeführten afghanischen Präsidenten Hamid Karsai gerichtet sagte er, die afghanische Regierung solle „jetzt mehr leisten als nur Worte“. Er erwarte mit Spannung die von US-Präsident Barack Obama angekündigte Rede zur künftigen Afghanistan-Strategie der Vereinigten Staaten. „Für uns entscheidend ist, wie sich der amerikanische Präsident äußert.“ Daran werde sich auch die deutsche Haltung orientieren.
Guttenberg wollte in Washington auch mit Vertretern des Kongresses und Sicherheitsberatern Obamas zusammentreffen. Dabei wollte er für den deutschen Standpunkt werben, der von der geplanten internationalen Konferenz Anfang 2010 messbare Ziele verlangt, um Abzugsszenarien für die ausländischen Streitkräfte zu entwerfen.
In Washington läuft ein Meinungsbildungsprozess über die Frage der möglichen Aufstockung der Truppen und der künftigen Afghanistan-Strategie. Zurzeit stehen rund 68.000 US-Soldaten am Hindukusch. Es geht um bis zu 40.000 Mann zusätzlich, wie es der Oberbefehlshaber Stanley McChrystal verlangt. Vor allem aber steht die Frage an, ob weiter der militärische Aspekt in den Vordergrund gestellt werden soll oder die zivile Hilfe beim Aufbau sowohl der Infrastruktur als auch behördlicher Strukturen Priorität erhält.
Außerdem muss Guttenberg seinen Gesprächspartnern die Bedeutung der geplanten Konferenz, die von Deutschland und Frankreich nachdrücklich gefordert wird, für Europa klarmachen. Sie ist ebenso wie die amerikanische Entscheidung die Grundlage für die künftige Strategie Deutschlands und der anderen Bündnispartner. Die Bundesregierung will im Januar messbare Kriterien für die zu erzielenden Fortschritte unter Einbeziehung der afghanischen Regierung sehen. Damit soll eine Zeitperspektive für einen Truppenabzug ermöglicht werden.
Guttenberg selbst hatte am Dienstag erklärt, er halte für denkbar, dass einzelne Regionen bereits im kommenden Jahr in die Verantwortung afghanischer Behörden übergeben werden könnten. Er hatte im Gegensatz zu früheren Regierungsmitgliedern keine Jahreszahl für den Abzug genannt, sondern offengelassen, ob bei einem solchen Vorgehen zugleich die Militärpräsenz in anderen Gegenden verstärkt wird, um dort schnellere Befriedung zu erreichen.
Guttenberg kam aus Paris, wo er seinem französischen Kollegen Hervé Morin einen Antrittsbesuch abgestattet hatte. Der CSU-Politiker will in Amerika auch die zunehmend kritische Haltung der deutschen Bevölkerung zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr ansprechen. Deutsche Beobachter machen auch in den Vereinigten Staaten zunehmende Skepsis aus.
Über seine Gespräche mit Regierungs- und Parlamentsvertretern hinaus hält der neue deutsche Minister eine Rede vor dem Zentrum für internationale und strategische Studien (CSIS) eine Rede. Vor der Rückkehr nach Europa will der CSU-Politiker am Freitag vor dem Halifax International Security Forum in Kanada sprechen, einem hochkarätig besetzten dreitägigen Kongress des German Marshall Fund.