Die Warnung stand bereits im Koalitionsvertrag: CDU/CSU und SPD haben unterschiedliche Positionen zur Kernenergie.
Hamburg. Die Warnung stand bereits im Koalitionsvertrag: "Zwischen CDU, CSU und SPD bestehen hinsichtlich der Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung unterschiedliche Auffassungen." Bei der Energiepolitik war die gegenseitige Blockade der Großen Koalition von Beginn an programmiert. Es blieb beim unter Rot-Grün vereinbarten Atomausstieg.
Auch die avisierte Lösung für die Endlagerfrage kam nicht zustande. Noch immer ist ein Rätsel, wo einmal der radioaktive Abfall aus den Kernkraftwerken lagern soll. Die Union will an Gorleben festhalten, die SPD sucht nach Alternativen. "Die Endlager-Frage ist höllisch kompliziert", sagt der Umwelt-Weise Olav Hohmeyer, Professor für Energie- und Ressourcenwirtschaft an der Uni Flensburg. "In frühestens zehn Jahren nähern wir uns einer Problemlösung. Die Koalition hat sich bei dieser Frage übernommen."
Beim Ausbau der erneuerbaren Energien liegt Schwarz-Rot nach vier Jahren gemeinsamen Regierens wiederum weit über den ursprünglichen Vorhaben. Das Ziel der Bundesregierung, den Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch bis 2010 auf mindestens 12,5 Prozent zu erhöhen, war 2007 bereits um 1,5 und 2008 um 2,3 Prozentpunkte überschritten. Dementsprechend definierte die Regierung ihre Ziele neu: Jetzt soll der Anteil der erneuerbaren Energien im Strombereich bis zum Jahr 2020 auf mindestens 30 Prozent ansteigen. Bei den CO2-Emissionen hat Deutschland die Ziele des Kyoto-Protokolls weiterhin übererfüllt.
Doch die Regierung setzte zugleich gegensätzliche Signale: Bis zu 30 CO2-intensive Kohlekraftwerke sollen in den kommenden Jahren entstehen. "Damit konterkariert die Regierung ihre eigenen hohen Klimaschutz-Ziele", sagt Hohmeyer. Klug sei jedoch die Entscheidung gewesen, den Energieversorgern die Emissionsrechte nicht mehr zu schenken, sondern zu verkaufen.
Die Agrarpolitik wurde gerade zuletzt von den Debatten um gentechnisch veränderte Pflanzen bestimmt. Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner verkündete das Verbot von Gen-Mais MON 810, genehmigte aber die Gen-Kartoffel Amflora. "Weitgehend ideologiefrei" sei die Gen-Politik der Koalition gewesen, sagt Hohmeyer. Die Regierung habe eine "differenzierte Pro-Gentechnik-Haltung" gezeigt.
An zwei Schnittstellen brachte die Koalition Umwelt- mit Verkehrspolitik erfolgreich in Einklang. Die neue Kfz-Steuer bezieht sich nicht mehr auf den Hubraum, sondern auf die CO2-Abgaswerte. "Diese Steuer ist klar umweltpolitisch motiviert und ist auch umweltfreundlicher als die alte Steuer", sagt Verkehrsexperte Michael Schreckenberg, Physikprofessor an der Uni Duisburg-Essen. Die zweite Schnittstelle zwischen Umwelt und Verkehr sind die Maßnahmen für Elektromobilität. Die Bundesregierung nahm das Thema in ihr "Integriertes Energie- und Klimaprogramm" auf und verabschiedete gerade erst im August einen Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität, der den Rahmen für künftige Technologieentwicklungen und für eine anzustrebende Markteinführung von Elektrofahrzeugen in Deutschland bildet. Bis zum Jahr 2020 sollen eine Million Elektrofahrzeuge auf unseren Straßen fahren. Der Plan setzt voll auf die Strategie "weg vom Öl" und auf die Perspektiven neuer Antriebsenergien.
In die Zeit der Großen Koalition fällt auch die Einführung von Umweltzonen zur Reduzierung der Feinstaubbelastung in den Großstädten. Deren Einrichtung geht jedoch auf Vorgaben der EU zurück. Ähnliche verkehrsregulierende Maßnahmen sowie Fahrverbote und Sperrungen wurden auch in anderen europäischen Mitgliedstaaten eingeführt.
Unabhängig von EU-Vorgaben und schwarz-rotem Koalitionsvertrag löste die Wirtschaftskrise die sichtbaren verkehrspolitischen Maßnahmen aus. "Die Konjunkturpakete der Bundesregierung haben den Verkehr massiv beeinflusst", sagt Schreckenberg. "Die Abwrackprämie hat viele neue und vor allem kleinere Autos auf die Straße gebracht."
Noch vor der Krise setzte die Koalition bei den Autobahnen erstmals auf private Investitionen - auf Public Private Partnership: Auf ersten Streckenabschnitten wie etwa auf der A 1 holte das Verkehrsministerium Baukonzerne wie Bilfinger Berger mit ins Boot. Die Baufirmen übernehmen die Kosten für den Autobahnausbau und die Instandhaltung, erhalten dafür einen Teil der Lkw-Maut auf den entsprechenden Teilstrecken.
Viel Bewegung auf den Straßen, Stillstand auf der Schiene: Nichts wurde aus dem Ziel der Koalition, die Deutsche Bahn an die Börse zu bringen. Endgültig ad acta gelegt war das Vorhaben, als die Kapitalmärkte einbrachen. Ein Verkauf mache keinen Sinn, "wenn der Erlös unter Wert ist", rechtfertigte Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) den Verzicht. Die Regierung half trotzdem der Bahn: Ins Konjunkturpaket II nahm sie ein 150-Millionen-Programm zur Modernisierung von Bahnhöfen auf.