Gibt die zähe Schwäbin den Fraktionsvorsitz ab, kann Rösler Minister Brüderle verschieben. Die Young Boys der FDP stehen in den Startlöchern.
Berlin. Jetzt kommt es auf Birgit Homburger an. An der zähen Liberalen aus Baden-Württemberg mit dem schnippischen Tonfall und der Kompetenz auf vielen Gebieten hängt das neue Personaltableau, das der designierte FDP-Vorsitzende Philipp Rösler durchboxen will. Dabei spielt auch der wie Homburger zähe Rainer Brüderle eine Schlüsselrolle. Scheitert Rösler mit der Runderneuerung der FDP, wäre sein Start verbockt, noch ehe er gewählt ist. Rösler soll sich am kommenden Wochenende beim Parteitag in Rostock zum Nachfolger von Guido Westerwelle gewählt werden. Seinen Kollegen und Staatssekretär Daniel Bahr will er zum Gesundheitsminister machen. In Röslers Ministerium spricht man intern von der „Young Boys Group“, wenn es um Rösler und Bahr geht.
Homburger will jetzt doch offenbar ihr Amt an Wirtschaftsminister Rainer Brüderle nur abgeben, wenn sie dafür einen gesichtswahrenden Ausgleich bekommt. Sie will am Ende nicht allein als Opfer der FDP-Krise dastehen, berichteten Teilnehmer der nächtlichen Krisengespräche.
Rösler ist bestrebt, noch vor seiner Wahl die Fraktionsspitze neu zu ordnen. Er selbst ist gar nicht Mitglied der Fraktion. Denn Rösler wurde nach der Bundestagswahl 2009 zum Gesundheitsminister berufen, als er gerade niedersächsischer Wirtschaftsminister geworden war. An diesem Dienstagnachmittag will die FDP-Fraktion über ihre neue Führung entscheiden.
Homburgers FDP aus Baden-Württemberg ist nach Nordrhein-Westfalen der zweitstärkste Landesverband der Partei. Wenn keine einvernehmliche Lösung mit Homburger gefunden wird, könnte es zu Kampfabstimmungen kommen. Entwicklungsminister Dirk Niebel dementierte, er habe Homburger zum Rücktritt aufgefordert, um Platz für Brüderle zu machen. Dem Hamburger Abendblatt hatte Niebel gesagt: „Rainer Brüderle ist ein Politprofi, der sich in unterschiedlichsten Positionen durch Leistung bewiesen hat. Natürlich könnte er auch die Bundestagsfraktion führen.“
+++ Dirk Niebel zum Personalkarussell in der FDP +++
Wenn sich Rösler durchsetzt, muss Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kurzfristig ihr Kabinett umbilden. Rösler würde dann Vizekanzler und Wirtschaftsminister, der bisherige Staatssekretär und NRW-Landeschef Daniel Bahr neuer Gesundheitsminister. Niebel und Außenminister Guido Westerwelle behielten ihre Ämter. Für Homburger war im Gespräch, dass sie Nachfolgerin von Cornelia Pieper als Kultur-Staatsministerin im Auswärtigen Amt wird. Dies wird von ihren Anhängern aber nicht als ausreichend gesehen.
Der FDP-Europapolitiker Jorgo Chatzimarkakis sprach sich für Brüderle als neuen FDP-Fraktionschef aus. „Rainer Brüderle ist einer der Besten für den Posten, er ist vernetzt und stark“, sagte er im Hessischen Rundfunk. Chatzimarkakis räumte allerdings ein, dass das Verhältnis zwischen Brüderle und dem designierten neuen Parteichef Philipp Rösler „gestört“ sei. Dies könne den geplanten personellen Neuanfang erschweren. Der Bundestagsabgeordnete Florian Toncar hat sich gegen einen vollständigen Wechsel an der FDP-Fraktionsspitze ausgesprochen. „Ich glaube nicht, dass es nötig ist, dass die Fraktion sich an der Spitze komplett neu aufstellt. Man muss sich genau überlegen, ob es klug ist, wenn eine Regierungspartei auf allen möglichen Positionen jetzt Veränderungen vornimmt“, sagte Toncar im Deutschlandfunk.
Es komme darauf ein, eine vernünftige Arbeitsteilung zu erreichen. „Das, was Birgit Homburger kann: ihre Durchsetzungskraft, ihr Verhandlungsgeschick und ihre Fähigkeit, sich in Themen schnell einzuarbeiten, sind allgemein anerkannt“, sagte Toncar. Diese Fähigkeiten würden in der FDP weiter gebraucht. „Ob an der Fraktionsspitze oder nicht, das ist noch nicht entschieden“.
Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) fände es schade, wenn Brüderle sein Amt als Wirtschaftsminister für den Fraktionsvorsitz aufgeben würde. Der FDP-Politiker habe einen sehr guten Job als Wirtschaftspolitiker gemacht, sagte Fuchs im Südwestrundfunk. Als Wirtschaftsminister habe Brüderle klare Linie gezeigt, etwa bei der Entscheidung gegen weitere Staatskredite für den kriselnden Autobauer Opel. (abendblatt.de/dpa/dapd)