Einrichtung von Schutzzonen für Flüchtlinge sei ohne militärisches Eingreifen nicht durchsetzbar. Heftige Kämpfe in Syrien dauern an.

New York/Damaskus/Teheran. Frankreich und Großbritannien schließen im Umgang mit Syrien keine Option aus – auch nicht die einer militärisch erzwungenen Flugverbotszone zum Schutz der Zivilbevölkerung. Die von der Türkei geforderte Einrichtung von Schutzzonen für Flüchtlinge sei ohne militärisches Eingreifen nicht durchsetzbar und werde daher im UN-Sicherheitsrat derzeit keine Unterstützung finden, sagte der britische Außenminister William Hague am Donnerstag vor einer Sitzung des Gremiums in New York. „Aber für die Zukunft schließen wir keine Option aus“, fügte er hinzu. Sein französischer Kollege Laurent Fabius erklärte, London und Paris seien sich in diesem Punkt „ganz und gar einig“.

Nach Ansicht Frankreichs und Spaniens ist unter dem Regime von Präsident Baschar al-Assad keine Lösung möglich. Ein Ausweg erfordere in jedem Fall eine Ablösung der syrischen Regierung, betonten der französische Staatspräsident François Hollande und der spanische Regierungschef Mariano Rajoy am Donnerstag bei einem Treffen in Madrid.

Man müsse Staaten wie Russland oder China davon überzeugen, dass ein Rücktritt von Assad in Syrien kein Chaos bedeute, sondern eher das Gegenteil, sagte Hollande. Er plädierte dafür, dass nach einer Ablösung des syrischen Machthabers in dem Land eine Übergangsregierung gebildet werde, in der alle Kräfte vertreten seien.

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Unterdessen hat sich der neue ägyptische Präsident Mohammed Mursi in der Syrien-Krise auf die Seite der Aufständischen geschlagen. Die Unterstützung der Revolution in Syrien sei „eine moralische Pflicht sowie eine politische und strategische Notwendigkeit“, sagte Mursi am Donnerstag beim Gipfel der Blockfreien in Teheran. Den syrischen Machthaber Baschar al-Assad bezeichnete er als Anführer eines Unterdrückerregimes, das jede Legitimität verloren habe. Mursi lobte die „beeindruckende Tapferkeit“ der Aufständischen und verglich den Aufstand in Syrien mit der „ägyptischen Revolution“ und der Auflehnung der Palästinenser gegen die israelische Besatzung.

Die syrische Opposition äußerte sich mehrheitlich zufrieden über Mursis Worte, auch wenn einigen Dissidenten seine Warnung vor einer Militärintervention nicht gefiel. Außenminister Walid al-Muallim verließ während der Rede mit seiner Delegation vorübergehend den Saal. Mursi habe „die Gepflogenheiten eines Vorsitzenden des Gipfels missachtet und sich in die inneren Angelegenheiten Syriens eingemischt“, hieß es in den syrischen Staatsmedien zur Begründung.

Assad hatte am Mittwochabend in einem Interview des regimetreuen TV-Senders Al-Dunja von Fortschritten im Kampf gegen „die bewaffneten Terrorgruppen“ gesprochen.

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Syrische Rebellen schossen indes am Donnerstag nach eigenen Angaben in der Nähe des Militärflughafens Abu Zhuhur in der Provinz Idlib einen Kampfjet ab. Eine Videoaufnahme zeigte eine Rauchwolke und dann einen Mann, der an einem Fallschirm zu Boden sinkt. Später wurden dann Bilder von einem am Boden liegenden Piloten mit Fallschirmausrüstung veröffentlicht. Der Pilot wurde offensichtlich nach dem Absprung getötet. Neben ihm waren mehrere Rebellen in Uniform zu sehen. Einige Meter entfernt lag ein zweiter Fallschirm.

In den vergangenen Tagen hatten Regimegegner berichtet, die Aufständischen hätten einige Raketen erbeutet und sich Mörsergranaten beschaffen können.

In der Stadt Daraa sollen Regierungstruppen zehn Gefangene getötet haben. Die Allgemeine Kommission für die Syrische Revolution erklärte, den Männern seien die Augen verbunden und die Hände gefesselt worden. Dann seien sie von Wächtern erschossen worden.

Die Aktivisten zählten am Donnerstag landesweit 80 Tote. Nach Angaben der Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter starben allein beim Beschuss der nördlichen Provinz Idlib durch Regierungstruppen 20 Menschen, darunter acht Kinder und neun Frauen. Eine unabhängige Überprüfung dieser Angaben war nicht möglich.

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Im Libanon rief ein schiitischer Religionsgelehrter zum Widerstand gegen das Assad-Regime auf. „Partei für die Seite eines Unterdrückers zu ergreifen, untergräbt die Prinzipien des schiitischen Islam. Schiiten müssen sich gegen Unterdrückung stellen“, zitierte die türkische Nachrichtenagentur Anadolu den Gelehrten Mohammed Hassan al-Amin. Assad selbst gehört zur religiösen Minderheit der Alawiten, die dem schiitischen Islam nahestehen.

Derweil mehren sich die Meinungsverschiedenheiten zwischen den verschiedenen Gruppierungen der syrischen Opposition, die im In- und Ausland mit Worten oder Waffen für den Sturz des Regimes kämpfen. Radikale Islamisten warfen den Muslimbrüdern vor, gemeinsam mit französischen Diplomaten an einem Szenario zu arbeiten, das die Bildung einer Übergangsregierung unter Einbindung des ehemaligen Assad-Vertrauten Manaf Tlass vorsehe.

Die Muslimbrüder veröffentlichten, obwohl sie im Syrischen Nationalrat (SNC) vertreten sind, eine eigene Erklärung an die Teilnehmer des Blockfreien-Gipfels. Darin forderten sie diese auf, den Revolutionären „Waffen zur Selbstverteidigung“ zu liefern. Mursis politische Heimat ist die ägyptische Muslimbruderschaft.

mit Material von dpa und dapd