Syrisches Regime verliert weiter an Rückhalt. Reihen der Militärs lichten sich. Doch die Kämpfe gehen weiter, und täglich sterben Dutzende Menschen.
Amman/Istanbul. Im Bürgerkriegsland Syrien soll sich erstmals ein Kommandeur abgesetzt haben, der größere Kampfverbände befehligt hatte. Jordanische Medien meldeten, General Mohammed Mussa al-Chairat habe am Samstag die Grenze überquert. In der Nacht seien außerdem rund 500 syrische Flüchtlinge nach Jordanien gekommen. Der Name des Kommandeurs der 7. Division war im Januar auf einer von den Koordinationskomitees der Syrischen Revolution in der Stadt Dschasim verbreiteten Liste aufgetaucht. Die Aktivisten hatten damals die Namen von Militärs aufgelistet, die nach ihren Angaben an der brutalen Unterdrückung der Protestbewegung in ihrer Stadt beteiligt waren.
+++Tote bei Kämpfen in syrischer Provinz Deir as-Saur+++
+++Deutschland soll Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen+++
Keine Bestätigung gab es für einen Bericht des Nachrichtensenders Al-Arabija, wonach sich auch Vizepräsident Faruk al-Scharaa nach Jordanien abgesetzt haben soll. Ein Kommandeur der Freien Syrischen Armee hatte erst kürzlich erklärt, Al-Scharaa habe sich von Präsident Baschar al-Assad losgesagt. Er halte sich „an einem sehr sicheren Ort in Syrien“ auf. Beobachter hatten spekuliert, dass die Regierungstruppen ihre Angriffe auf die Grenzprovinz Daraa in den vergangenen Tagen verstärkt hatten, um eine Flucht des Vize zu verhindern.
Am Samstag wurden heftige Kämpfe zwischen Revolutionsbrigaden und Regierungstruppen aus der Provinz Deir as-Saur an der Grenze zum Irak gemeldet. Dabei seien 15 Menschen getötet worden, berichtete die Allgemeine Kommission für die Syrische Revolution. Landesweit zählten die Regimegegner in wenigen Stunden 60 Tote. Am Freitag sollen nach Angaben der Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter mehr als 210 Menschen ums Leben gekommen sein, darunter 36 Angehörige der Regierungstruppen.
Auch kritische Intellektuelle und Künstler geraten ins Visier des Regimes. Aktivisten meldeten, der beliebte Fernsehschauspieler Mohammed Oso sei nach einer Razzia in seinem Haus in Damaskus zusammen mit weiteren Angehörigen seiner Familie verhaftet worden. Sein Haus liegt im Stadtteil Messe, in dem es in den vergangenen Tagen Kämpfe zwischen Regimetruppen und Revolutionsbrigaden gegeben hatte. Bereits am Donnerstag sei der unabhängige Filmemacher Arwa Najrabija am Flughafen von Damaskus verhaftet worden, als er nach Kairo fliegen wollte.
Im Libanon wurde indessen ein Mann aus Kuwait nahe der Stadt Baalbek von bewaffneten Männern aus seinem Auto gezerrt und verschleppt, wie die staatliche Nachrichtenagentur NNA meldete. Ebenfalls unweit von Baalbek sei am Vortag ein Syrer entführt worden.
Die syrischen Revolutionsbrigaden ließen am Samstag einen von insgesamt elf Libanesen frei, die sie im Mai in Aleppo unter dem Verdacht der Zusammenarbeit mit dem Regime gefangen genommen hatten. Hussein Ali Omar sei am Grenzübergang Bab al-Salama den türkischen Behörden übergeben worden, teilte ein Aktivist an der Grenze mit. Es wird erwartet, dass als Geste des guten Willens nun auch Dutzende Syrer und ein türkischer Geschäftsmann freigelassen werden. Sie waren im Libanon entführt worden, um von Regimegegnern gefangen genommene Libanesen in Syrien freizupressen.
In einem von syrischen Flüchtlingen bewohnten Lager im libanesischen Bezirk Akkar setzte ein Unbekannter elf Zelte in Brand. Wie die staatlichen Medien meldeten, wurde niemand verletzt. In dem Flüchtlingslager Al-Saatari in Jordanien sollen kürzlich 21 mutmaßliche Mitglieder eines Netzwerk des syrischen Geheimdienstes festgenommen worden sein. Das berichtete die arabische Tageszeitung „Al-Hayat“ unter Berufung auf Sicherheitskreise und Helfer in dem Lager.
Mit Material von dpa .