Iran gibt Westen die Schuld für Scheitern der Annan-Mission. China unterstützt politische Lösung. UN stimmt über Syrien-Resolution ab.
Damaskus/Beirut/ Teheran/ Peking/ New York. Einen Tag, nachdem der UN-Sondergesandte Kofi Annan sein Syrien-Madat zurückgegeben hat, verstärkt das syrische Regime seine Truppen in der heftig umkämpften Stadt Aleppo. „Dutzende Lastwagen mit Soldaten und mehr als 100 Panzer wurden rund um Aleppo in Stellung gebracht“, sagte der örtliche Rebellenkommandeur Abu Omar al-Halebi am Freitagmorgen. Die Regimetruppen hatten bereits am vergangenen Wochenende eine Großoffensive gegen die Aufständischen in der nördlichen Geschäftsmetropole gestartet. Diese zeigte jedoch bislang keine greifbaren Ergebnisse. Stattdessen konnten die Rebellen mehrere Sicherheitszentralen einnehmen.
Der Iran hat den Rückzug des Syrien-Sondergesandten Kofi Annan bedauert und dem Westen die Schuld für das Scheitern seiner Mission gegeben. „Immer, wenn sein Friedensplan Erfolge zeigte, hat der Westen die Waffenlieferungen nach Syrien erhöht“, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Irna den Sprecher des iranischen Außenministeriums, Ramin Mehmanparast, am Freitag. Mit Blick auf die Länder des Westens fügte er hinzu: „Das hat deutlich gemacht, dass sie ein Scheitern der Annan-Mission angestrebt haben.“ Mehmanparast rief zu Gesprächen zwischen der syrischen Regierung und der Opposition auf – und kündigte an, sein Land werde sich verstärkt für eine Lösung einsetzen. „Es sollte gemeinsame Anstrengungen geben, um die Krise von innen heraus zu lösen, durch einen syrisch-syrischen Dialog zwischen Regierung und Opposition.“ Teheran ist ein Verbündeter des Regimes von Präsident Baschar al-Assad.
+++Ban sucht schon nach einem Nachfolger für Annan+++
Auch China will im Syrien-Konflikt eine politische Lösung unterstützen. Sein Land sei offen für jeden Vorschlag, sagte der Sprecher des Außenministeriums Hong Lei am Freitag in Peking. Der Sprecher bedauerte zugleich den Rücktritt des Syrien-Sonderbeauftragten Kofi Annan. Dennoch sollten die Vereinten Nationen weiterhin eine wichtige Rolle in Syrien spielen. Die USA hatten Russland und China eine Mitschuld am Rückzug Annans gegeben. Beide Länder hätten Resolutionen gegen das syrische Regime nicht unterstützt, mit denen Verstöße gegen den Sechs-Punkte-Plan Annans geahndet worden wären, sagte Regierungssprecher Jay Carney.
Russland hat indirekt den Unterstützern der Regimegegner die Schuld für den angekündigten Rückzug des Sondergesandten Kofi Annan gegeben. „Er ist ein ehrlicher internationaler Vermittler, aber es gibt solche, die ihn aus dem Spiel nehmen wollen, um freie Hand für den Einsatz von Gewalt zu haben“, schrieb Vizeaußenminister Gennadi Gatilow in der Nacht zu Freitag auf Twitter. Nach der Entscheidung Annans stellten sich nun viele Fragen für die Zukunft Syriens. Russland ist ein enger Partner Syriens und hat im Weltsicherheitsrat wiederholt Sanktionen gegen das Regime verhindert.
Auf Initiative arabischer Länder stimmt die UN-Vollversammlung heute über eine Resolution zu Syrien ab. Erwartet wird eine breite Zustimmung unter den 193 Mitgliedsstaaten. Der Entwurf sieht eine Verurteilung des Einsatzes von Panzern, Artillerie, Kampfjets und Militärhubschraubern gegen die syrische Bevölkerung vor. Zwei umstrittene Passagen – die Forderungen nach einem Rücktritt von Präsident Baschar Assad sowie von Sanktionen gegen Syrien – wurden in einer überarbeiteten Version gestrichen. Die UN-Vollversammlung kann eine Resolution rechtlich nicht durchsetzen. Die Verabschiedung hätte daher nur symbolischen Charakter.
In Aleppo spitze sich die humanitäre Krise weiter zu. Weil die Müllabfuhr nicht mehr arbeite, stinke der Abfall zum Himmel, berichtete eine Reporterin des Fernsehsenders Al-Dschasira aus der Stadt. Vor Bäckereien bildeten sich lange Schlangen. Gas zum Kochen sei Mangelware. Die Luftangriffe versetzten die Zivilbevölkerung in Angst und Schrecken. Mehr als zwei Millionen Menschen sind nach UN-Angaben von der humanitären Krise in ganzen Land betroffen.
Wegen der dramatischen Entwicklungen in Syrien richtet die Bundesregierung einen eigenen Arbeitsstab ein. Die „Task Force Syrien“ soll nach Angaben des Auswärtigen Amts vom Freitag über die Grenzen der verschiedenen Ministerien hinweg die Arbeit zusammenführen. Die Leitung übernimmt der Nahost-Beauftragte des Außenministeriums, Boris Ruge. Der neue Stab soll auch schon die Zeit nach einem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad vorbereiten. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte Syriens zerstrittene Opposition „dringend“ auf, zu größerer Einheit zu finden. (dpa, dapd, abendblatt.de)