In Syrien ist kein Ende des Blutvergießens in Sicht. Assad hält an militärischem Durchgreifen fest. Syrien verweigert Arabischer Liga Zusammenarbeit.
Beirut. In der syrischen Hauptstadt Damaskus ist erstmals ein Gebäude der regierenden Baath-Partei nach Angaben einer Oppositionsgruppe von mehreren raketenbetriebenen Granaten getroffen worden. Das berichtete das örtliche Koordinationskomitee am Sonntag. Demnach waren im Stadtteil Masraa mehrere Explosionen zu hören. Inmitten eines strengen Sicherheitsaufgebots sei die Feuerwehr in die Gegend entsandt worden, hieß es. Präsident Baschar Assad ließ derweil ein Ultimatum der Arabischen Liga verstreichen. US-Außenministerin Hillary Clinton warnte vor einem Bürgerkrieg in Syrien .
Bei Razzien der syrischen Truppen sind nach Angaben von Menschenrechtsgruppen am Wochenende mindestens 15 Menschen getötet worden. Die Sicherheitskräfte hätten am Sonnabend auf der Suche nach Oppositionellen die Ortschaft Schesar in der Provinz Hama gestürmt und seien in die Region Dschabal al Sawija an der Grenze zur Türkei eingerückt, hieß es in übereinstimmenden Berichten der in London ansässigen Menschenrechtsorganisation Syrian Observatory for Human Rights und der Örtlichen Koordinationskomitees LCC.
In Dschabal al Sawija seien zudem die Strom- und Telefonverbindungen gekappt worden. In der Region sind seit Monaten abtrünnige Einheiten der Streitkräfte aktiv. In Kusair in der Nähe der Grenze zum Libanon seien bei Gefechten mit Regierungstruppen zwei abtrünnige Soldaten getötet worden, berichtete das Syrian Observatory for Human Rights.
Ungeachtet aller internationaler Kritik hält Präsident Assad am militärischen Durchgreifen gegen Regierungkritiker fest. Er empfinde "Schmerz und Kummer“ angesichts des Blutvergießens, die Lösung sei aber die Zerschlagung der dafür weitgehend verantwortlichen Militanten, sagte er in einem am Sonntag veröffentlichten Interview der britischen "Sunday Times“. Rund 800 Sicherheitskräfte seien in dem seit acht Monaten anhaltenden Aufstand bislang getötet worden, erklärte Assad. Die Niederschlagung der Proteste hat nach UN-Angaben seit Mitte März rund 3.500 Menschen das Leben gekostet.
Syrien lässt Ultimatum verstreichen
Bereits vor der jüngsten Eskalation hatte US-Außenministerin Hillary Clinton vor einem Bürgerkrieg in Syrien gewarnt. Der TV-Sender NBC zitierte Clinton am Freitag (Ortszeit) mit den Worten, Assad habe mit seinem Vorgehen gegen die Opposition "das Volk provoziert, gegen das Regime Waffen zu ergreifen“. "Es könnte einen Bürgerkrieg mit einer sehr entschlossenen und gut bewaffneten und letztlich gut finanzierten Opposition geben.“ Diese Opposition könnte von Überläufern aus der Armee „beeinflusst, wenn nicht gar angeführt“ werden.
Die syrische Regierung sollte sich bis zum späten Sonnabendabend entscheiden, ob sie Beobachter der Arabischen Liga ins Land lässt. Nachdem es diese Frist verstreichen ließ, drohen dem Regime nun Sanktionen seitens der früheren arabischen Partner. Die syrische Regierung forderte zuletzt in einem Brief an den Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, Änderungen an dem Protokoll der Liga, das die Einzelheiten dieser Beobachtermission regeln soll. Ein arabischer Diplomat sagte der dpa im Libanon, dass die Organisation dies zurückgewiesen habe.
+++ Assad-Anhänger stürmen Botschaften in Damaskus +++
Seitdem sich abtrünnige Einheiten der Streitkräfte der Opposition angeschlossen haben und Stellungen der Regierungstruppen angreifen, hat sich die Gewalt in Syrien verschärft. Die Innenstadt von Damaskus wurde am Sonntagmorgen von zwei Explosionen erschüttert. Sollten sich Berichte der Organisation LCC bestätigen, dass es sich um einen Raketenangriff auf ein Gebäude der regierenden Baath-Partei handelte, wäre dies eine weitere Eskalationsstufe.
London erwartet syrische Opposition
Unterdessen stieg der internationale Druck auf Assad weiter. Am Freitag hatte Syrien einer Beobachtermission der Arabischen Liga grundsätzlich zugestimmt. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Mark Toner, erklärte jedoch, Washington habe keine Hinweise darauf, dass die syrische Regierung den Vorschlag der Arabischen Liga tatsächlich akzeptiere. Aus dem britischen Außenministerium verlautete, Außenminister William Hague wolle sich am (morgigen) Montag mit Vertretern der syrischen Opposition in London treffen.
Mit Material von dpa und dapd