Während das Oberhaupt der katholischen Kirche sich in Assisi der Interreligiosität widmet, zeigt sich ein evangelischer Bischof enttäuscht.
Rom/Berlin. Einen Monat nach seinem Deutschlandbesuch ist Benedikt XVI. wieder auf Reisen. Am Donnerstagmorgen brach der Papst zum Weltfriedenstreffen nach Assisi auf. Das Kirchenoberhaupt fuhr mit einem Hochgeschwindigkeitszu des Typs "Frecciargento“ (Silberpfeil) der italienischen Bahn gemeinsam mit rund 300 Vertretern christlicher Kirchen und anderer Religionen vom vatikanischen Bahnhof aus in die Stadt des Heiligen Franziskus. Weil das kurze vatikanische Schienennetz über keine Oberleitung verfügt, wurde der Zug von einer Diesellok zum benachbarten römischen Bahnhof San Pietro gezogen.
In Assisi traf er sich am Vormittag gemeinsam mit den Delegierten der anderen Kirchen und Religionen in der Basilika Santa Maria degli Angeli. Dort sollten zahlreiche hochrangige Würdenträger wie der anglikanische Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, und David Rosen vom Großrabbinat in Israel zu Wort kommen.
Am Nachmittag wollten die Delegierten in der nach dem schweren Erdbeben von vor rund zehn Jahren restaurierten Franziskusbasilika feierlich ihr Engagement für den Frieden bekräftigen. Zudem stand für die Teilnehmer des interreligiösen Friedenstreffens ein Gebet in getrennten Räumen des angrenzenden Klosters auf dem Programm. Für den frühen Abend war die Rückkehr des Papstes mit den Religionsvertretern, darunter der griechisch-orthodoxe Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus I., in den Vatikan geplant.
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Mit dem Papst reisen 300 Delegierte aus 31 christlichen Kirchen und von zwölf Weltreligionen. Schon eine Stunde vor Abfahrt belebten orthodoxe und islamische Würdenträger, buddhistische Mönche sowie römisch-katholische Bischöfe und Kardinäle den einzigen Bahnsteig des Vatikan. Als Letzter bestieg Benedikt XVI. den Zug, nachdem er zuvor den italienischen Verkehrsminister Altero Matteoli und zwei Bahnfunktionäre begrüßt hatte. Der Papst reist nach Vatikanangaben im zweiten von sieben Waggons gemeinsam mit den wichtigsten Delegationsführern; es handelt sich um einen Wagen erster Klasse. Mit im Abteil des Papstes sitzt sein Privatsekretär Georg Gänswein .
Nach der Ankunft in der knapp 200 Kilometer nördlich von Rom gelegenen Franziskusstadt begeben sich die Religionsvertreter in die Basilika Santa Maria degli Angeli. Dort findet ein Rückblick auf das erste Friedenstreffen vor genau 25 Jahren statt. Damals hatte Benedikts Vorgänger Johannes Paul II. zum ersten interreligiösen Friedenstreffen nach Assisi geladen. Damit hatte er weltweites Aufsehen erregt und seine moralische Autorität weit über die Grenzen der katholischen Kirche hinaus gestärkt. Konservative Kritiker, zu denen auch der damalige Kardinal Joseph Ratzinger gezählt wurde, warnten hingegen vor einer Vermischung der Religionen. Deshalb sollte diesmal in getrennten Räumen gebetet werden.
Bischof Dröge: Papstbesuch hat nichts für die Ökumene gebracht
Während sich Benedikt XVI. in Assisi der Interreligiosität widmet, sind die Protestanten in Deutschland noch immer enttäuscht über den Auftritt des Papstes in seiner Heimat. Der Besuch von Benedikt XVI. in Deutschland habe keine Impulse für die Ökumene gegeben. Zu dieser Einschätzung gelangte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge. Das Ergebnis des Besuches sei ernüchternd, sagte Dröge am Mittwoch zur Eröffnung der Herbstsynode.
Für evangelische Christen sei es unter anderem irritierend gewesen, dass die Darstellung der europäischen Geistesgeschichte in der Bundestagsrede des Papstes "ganz ohne Reformationsgeschichte auskam“. Dadurch sollte aber das gute ökumenische Klima, das es in der praktischen Zusammenarbeit gebe, nicht beeinträchtigt werden, sagte der Bischof und fügte hinzu: "Wir haben eine wetterfeste Ökumene, die auch manch kühlen Platzregen aushält.“ (kna/epd/dapd)