Washington sieht aber keinen Anlass, militärisch gegen den Iran vorgehen. Ex-CIA-Offizier hegt Zweifel an iranischen Anschlagsplänen.
Washington/Riad/Teheran. Die diplomatischen Fronten zwischen den USA und dem Iran verhärten sich aufgrund der angeblichen iranischen Attentatspläne auf den saudischen Botschafter in den USA zusehends: Die USA startete eine diplomatische Initiative mit härteren Sanktionen gegen den Iran während im Land die Furcht vor neuen Terrorattacken wächst. US-Außenministerin Hillary Clinton nannte den möglichen Mordkomplott eine „gefährliche Eskalation“ der Unterstützung des Terrorismus durch Teheran. Die Regierung in Washington will gemeinsam mit seinen Verbündeten das Regime in Teheran tiefer in die Isolation treiben. Die Der Iran weist die Vorwürfe als haltlos zurück, doch auch in den USA gibt es Zweifel.
Washington macht derweil keine Anstalten für eine militärische Reaktion gegen den Iran. Es handele sich um eine „juristische und diplomatische Angelegenheit“ zwischen beiden Staaten, sagte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums Jim Gregory am Mittwoch in Washington. „Nur der Präsident kann einschließen oder ausschließen, wie er das Militär nutzt.“
Das State Department habe aber Depeschen an alle US-Botschaften und Konsulate in der Welt mit der Bitte geschickt, den Fall den jeweiligen Regierungen darzulegen, verlautete am Mittwoch aus diplomatischen Kreisen in Washington. Auch gegen die iranische Fluggesellschaft "Mahar Air" verhängte Washington Sanktionen. Die USA beschuldigte "Mahar Air", die Islamischen Revolutionsgarden des Iran im Geheimen logistisch zu unterstützen und kündigte an, Vermögen der Fluggesellschaft auf amerikanischem Boden einzufrieren. US-Firmen soll verboten werden, mit "Mahan Air" Geschäfte zu machen.
Außenministerin Hillary Clinton Rede forderte in einer Rede die Staatengemeinschaft am Mittwoch auf, gemeinsam mit Washington das vermeintliche Vorhaben zu verurteilen. Das Komplott habe gegen internationale Regeln verstoßen, weshalb der Iran zur Rechenschaft gezogen werden müsse. Die US-Regierung und ihre Partner arbeiteten bereits daran, den Iran weiter zu isolieren und den Druck auf Teheran zu verstärken, sagte Clinton.
+++US-Regierung warnt vor weltweitem Terror+++
Die USA wollten sich mit ihren Freunden und Partnern in der Welt beraten, „wie wir eine starke Botschaft“ an den Iran richten können. Das Finanzministerium verhängte Sanktionen gegen fünf iranische Hintermänner und Mitglieder der Al-Kuds. Ihre Konten in den USA wurden eingefroren, US-Banken und amerikanische Staatsbürger dürfen keine Geschäfte mit ihnen machen. „Die USA beabsichtigen, den Iran für seine Handlungen zur Verantwortung zu ziehen“, sagte Justizminister Eric Holder, ohne konkret zu werden.
Das US-Außenministerium rief alle Bürger zu erhöhter Wachsamkeit auf. Nach dem aufgedeckten Komplott gebe es Hinweise auf einen „aggressiveren Fokus der iranischen Regierung bei terroristischen Aktivitäten gegen Diplomaten aus verschiedenen Staaten“. Außenministerin Hillary Clinton forderte schärfste Maßnahmen gegen Teheran.
Allerdings äußerten Experten Zweifel an den Anschuldigungen. „Warum sollte der Iran den saudischen Botschafter in Washington ermorden wollen?“, fragte Iran-Experte Alireza Nader von der Rand Corp., einem US-Think Tank, in der „Washington Post“. Andere Experten meinten, ein solches Komplott sei völlig untypisch für den Iran. US-Medien zitierten FBI-Chef Robert Mueller mit den Worten, das Komplott „liest sich wie ein Hollywood-Drehbuch“.
Tiefe Skepsis äußert auch Robert Baer, ehemaliger CIA-Offizier in Nahost. Ihn macht vor allem stutzig, wie leichtgläubig angebliche Al-Kuds-Mitglieder US-Agenten in die Falle getappt sein sollen. „Die Schlampigkeit in diesem Fall spottet jeder Annahme“, sagte er dem Blatt. „Die Al-Kuds sind besser als das. Wenn sie es auf Dich abgesehen haben, bist Du schon tot.“
Nach Erkenntnissen der US-Ermittler sollen „Elemente der iranischen Regierung“ einen Bombenanschlag auf den saudischen Botschafter in Washington geplant und finanziert haben. Allerdings meinten US-Beamte gegenüber der „Washington Post“, es sei unklar „wie hoch“ diese iranischen Regierungsvertreter tatsächlich angesiedelt seien. „Die iranische Regierung hat die Verantwortung, dies zu erklären.“
Wie die „New York Times“ unter Berufung auf Sicherheitsbeamte berichtetet, soll es neben der Ermordung des saudischen US-Botschafters Adel al-Dschubair Pläne für Bombenanschläge auf die saudische Botschaft in Washington und die israelische Botschaft in Argentinien gegeben haben. Auch von einem geplanten Opiumschmuggel von Nahost nach Mexiko war die Rede.
Irans Parlamentspräsident Ali Laridschani bezichtigte die USA, eine künstliche Krise herbeiführen zu wollen. Außenminister Ali-Akbar Salehi sagte der amtlichen iranischen Nachrichtenagentur Irna, die Amerikaner wollten nur von zahlreichen eigenen Problemen ablenken.
Der iranische UN-Gesandte legte offiziell Beschwerde bei UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und beim UN-Sicherheitsrat ein. Der Außenminister von Saudi-Arabien, Prinz Saud al-Faisal, dankte dagegen den US-Behörden für ihre Ermittlungen.
Der geistige Führer des Irans, Ali Chamenei, schaltete sich indirekt in die Diskussion ein und legte den Finger auf die offene Wunde der USA. Die Vereinigten Staaten steckten mitten in der Krise, weil „dem amerikanischen Volk das korrupte Fundament offengelegt wurde“, sagte Ayatollah Ali Chamenei am Mittwoch auf einer Kundgebung in der westiranischen Stadt Kermanschah vor Zehntausenden Anhängern.
Die US-Regierung könne die Protestbewegung nicht stoppen, erklärte Chamenei. Der Widerstand werde so stark zunehmen, dass er schließlich „das kapitalistische System und den Westen stürzen wird.“ Die Welt stehe vor einer historischen Wende, sagte Chamenei. Seine Rede wurde live im staatlichen Fernsehen übertragen.
Nach Darstellung der USA wollten die Iraner Hintermänner lateinamerikanischer Drogenkartelle für den Mord anheuern. Ihnen sollen 1,5 Millionen Dollar angeboten worden sein. Drahtzieher seien Al-Kuds-Kämpfer gewesen, eine Spezialeinheit der iranischen Revolutionsgarden. Das Komplott sei durch US-Undercover-Agenten aufgeflogen, die sich als Mitglieder eines Drogenkartells ausgegeben hätten.
Ein verdächtiger Iraner mit US-Pass sei bereits Ende September in New York festgenommen worden, teilten die US-Behörden mit. Der Verdächtige, der 56-jährige Manssor Arbabsiar, erschien noch am Dienstagabend vor einem New Yorker Gericht. Er bleibe in Haft. Ein Verfahren solle am 25. Oktober anlaufen.
Er habe die Taten mutmaßlich mit dem Al-Kuds-Mitglied Gholam Shakuri geplant, der als Unterstützer des internationalen Terrorismus bekannt sei, hieß es. Shakuri befinde sich gegenwärtig im Iran. Die USA werfen den Beiden zahlreiche schwere Straftaten vor, darunter Pläne, „eine Massenvernichtungswaffe zu benutzen“. Die Pläne seien von der Bundespolizei FBI und der Drogenfahndung DEA aufgedeckt worden.
Mit Material von dpa/dapd