Eine Syrien-Resolution ist an Russland und China gescheitert. Guido Westerwelle sprach von fehlender Verantwortung, die Opposition ist entsetzt.
New York. Eine UN-Resolution gegen Syrien im Weltsicherheitsrat ist am Dienstagabend gescheitert. Russland und China hatte gegen die Resolution ihr Veto eingelegt. Das Regime von Syriens Präsident Baschar al-Assad war in dem Entwurf wegen der gewaltsamen Niederschlagung der Demokratiebewegung sowie schwerwiegender und systematischer Menschenrechtsverletzungen verurteilt worden. Die Resolution sah aber keine Sanktionen gegen Syrien vor. Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Portugal hatten die Resolution gemeinsam eingebracht .
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) zeigte sich enttäuscht über das Scheitern einer Resolution gegen Syrien. „Der Sicherheitsrat ist damit seiner Verantwortung für Frieden und Sicherheit in der Welt nicht gerecht geworden“, sagte Westerwelle am Mittwoch in Berlin nach Angaben des Auswärtigen Amtes. Der Außenminister kündigte an, dass sich Deutschland international, insbesondere in der Europäischen Union, weiterhin für eine klare Haltung und Druck auf das syrische Regime einsetzen werde.
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Das Regime in Syrien geht seit Monaten mit brutaler Gewalt gegen die Opposition vor, die den Rücktritt von Präsident Baschar al-Assad fordert. Nach Angaben von Menschenrechtsgruppen sollen bisher etwa 2700 Menschen getötet worden sein. Wegen der Medienblockade der syrischen Regierung lassen sich solche Angaben aber nicht unabhängig überprüfen. Die UN hatten schon vor gut einem Monat von 1900 Toten gesprochen.
Moskau widersetzt sich vehement einer scharfen Resolution gegen Syrien. Russland unterhält einen wichtigen Militärstützpunkt in Syrien, zudem ist Russland – ebenso wie China – Waffenlieferant und Ölkunde Syriens. Wegen der Vetodrohung war bereits ein Resolutionsentwurf im Frühsommer gescheitert, der zweite war erheblich entschärft worden. Er verurteilt zwar die Gewalt, enthält aber keine Sanktionen. Selbst die Drohung mit Sanktionen wurde abgeschwächt auf eine Erwähnung „zielgerichteter Maßnahmen“.
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„Ein Veto wird uns nicht stoppen. Wir werden weiter versuchen, den Unterdrückten eine Stimme zu geben“, sagte der französische UN-Botschafter Gérard Araud nach der Abstimmung. „Präsident Assad hat jede Legitimation verloren. Kein Veto ist ein Freibrief, die eigene Bevölkerung zu beschießen.“ Auch sein britischer Kollege Mark Lyall Grant zeigte sich „tief enttäuscht“: „Die Situation wird immer schlimmer, es gab 3000 Tote, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und keinerlei Reformen. Wie kann man von Dialog sprechen, wenn das Regime die grundlegendsten Menschenrechte verweigert?“
Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin kritisierte das Papier scharf als „entstanden in der Philosophie der Konfrontation“. Das könne dem Dialog in Syrien im Wege stehen. „Wir können nicht akzeptieren, dass mit Sanktionen gedroht wird.“ Die Entwicklung in Syrien sei nicht allein in den Händen der Regierung. „Wenn die Gesetze von Herrn Assad nicht perfekt sind, sollten wir darüber reden. Aber Sanktionen sind der falsche Weg.“
Russland und China wollten an einer eigenen, „ausgewogenen“ Resolution arbeiten. Chinas UN-Botschafter Li Baodong sagte, „die internationale Gemeinschaft sollte konstruktive Hilfe geben, aber ansonsten die inneren Angelegenheiten tolerieren“. Scharfe Worte kamen auch von US-Botschafterin Susan Rice: „Wir sind empört, dass dieser Rat es nicht geschafft hat, auf Assads Brutalität zu antworten“, sagte sie. „Heute haben zwei Mitglieder einen Entwurf verhindert, der weichgespült war und nicht einmal das Wort Sanktionen enthielt.“ Jetzt wüssten die Syrer, welche Länder an ihrer Seite stehen. „Die, die heute gegen die Resolution gestimmt und einen brutalen Diktator gedeckt haben, müssen sich vor dem syrischen Volk verantworten. ... Wir werden nicht ruhen, bis der Rat seiner Verantwortung nachkommt.“
Deutschland bemühte sich um Mäßigung, die Worte waren für deutsche Verhältnisse aber deutlich: „Heute hat der Sicherheitsrat versagt in seiner Aufgabe nach der UN-Charta, internationalen Frieden und Sicherheit zu bewahren“, sagte UN-Botschafter Peter Wittig. „Wir haben deutliche Zugeständnisse gemacht. Wir sind tief enttäuscht, dass einige Ratsmitglieder nicht zu einem Kompromiss fähig waren.“
Syriens Botschafter Baschar Dschaafari nannte die Opposition „bewaffnete terroristische Banden“, die vom Westen unterstützt würden. „Die Länder, die „zum Schutz der Menschenrechte“ in mein Land einmarschieren wollen, ignorieren die Terroristen. Sie unterstützen und hofieren die terroristischen Gruppen.“
Auch andere Mitglieder hatten sich bislang zurückhaltend geäußert. Dazu zählten Südafrika, Brasilien und Indien. Die drei Länder enthielten sich ebenso wie der Libanon. Als einzige Reaktion auf den monatelangen blutigen Einsatz des Militärs gegen die Opposition gibt es vom Sicherheitsrat bisher eine sogenannte präsidentielle Erklärung von Anfang August, die aber ohne jede Verpflichtung ist.
Opposition zeigt sich entsetzt über Scheitern der Resolution
Die syrische Opposition hat entsetzt auf das Scheitern der Syrien-Resolution im UN-Sicherheitsrat reagiert. „Dies ist ein großer strategischer Fehler, ein politischer Fehler von historischem Ausmaß“, sagte Basma Kadmani, die Sprecherin der Nationalrates, am Mittwoch in einem Telefoninterview. „Diese Botschaft der internationalen Gemeinschaft könnte dazu führen, dass das syrische Volk die Hoffnung verliert und dies macht uns sehr besorgt“, fügte sie hinzu.
Die syrische Führung, die seit März mit militärischer Gewalt und Folter gegen die Protestbewegung vorgeht, fühlte sich durch die Entscheidung des Sicherheitsrates dagegen in ihrer Haltung bestätigt. Aus den Reden der Botschafter Russlands und Chinas in New York wurde in den staatlichen Medien am Mittwoch ausführlich zitiert. Die westlichen Botschafter, die für die Resolution geworben hatten, kamen dagegen gar nicht zu Wort.
Der Syrische Nationalrat war am vergangenen Wochenende in der Türkei gegründet worden. Die 140-köpfige Allianz von Oppositionellen und Protestgruppen hat sich den Sturz des Regimes von Präsident Baschar al-Assad zum Ziel gesetzt. Basma Kadmani lebt in Frankreich im Exil. (abendblatt.de/dpa)