Ein norwegischer Schützenclub hat jetzt auf seiner Internetseite erklärt, dass Anders Behring Breivik rund drei Jahre dort trainiert hat.
Oslo. Der Attentäter hat für das Massaker mit mindestens 68 Toten in einem norwegischen Schützenclub trainiert. Der Osloer Pistolenclub teilte am Mittwochmorgen auf seiner Internetseite mit,, dass Breivik von 2005 bis 2007 und erneut ab Juni 2010 Mitglied gewesen sein. Weiter hieß es in der Mitteilung: „Breivik hat als Mitglied an 13 organisierten Trainingseinheiten mit anderen sowie einem Wettbewerb teilgenommen.“
Am Vormittag war der Osloer Hauptbahnhof kurzzeitig wegen eines verdächtigen Koffers evakuiert worden. Der Inhalt erwies sich jedoch als harmlos.
Der 32- jährige hatte am Freitag mit zwei legal erworbenen Waffen, einer Pistole und einem Schnellfeuergewehr, auf der Insel Utøya Jagd auf die Teilnehmer eines sozialdemokratischen Jugendlagers gemacht. Dabei erschoss er die meisten seiner Opfer, ehe die Polizei ihn festnahm. Einige der Opfer ertranken bei Fluchtversuchen im Fjord.
In der Erklärung des Schützenclubs hieß es, Breivik habe sich „weder politisch bemerkbar gemacht noch in anderer Weise irgendwelche Verhaltensweisen als Vorwarnung für die zutiefst tragischen Ereignisse an den Tag gelegt.“ Man habe ihn „mit sofortiger Wirkung“ ausgeschlossen.
Nach den Anschlägen in Norwegen gehen die Ermittler heute (Mittwoch) weiter mit Hochdruck der Frage nach, ob Attentäter Anders Behring Breivik nicht doch Helfer hatte. Offen ist auch, ob der 32-Jährige zu rechtsextremistischen Gruppen im Ausland welche Verbindungen unterhielt.
Für Aussagen über angebliche Mittäter stellt der inhaftierte Massenmörder offenbar Forderungen an die Polizei. „Es waren verschiedene Forderungen. Einige dieser Forderungen konnten wir ganz unmöglich erfüllen“, sagte der Sprecher der Osloer Kriminalpolizei, Pål Hjort Kraby, am Abend in der Online-Ausgabe der Zeitung „Verdens Gang“. Nach unbestätigten Medienangaben soll er etwa Zugang zu einem eigenen Computer mit dem von ihm verfassten, 1500 Seiten umfassenden „Manifest“ sowie dem Online-Lexikon Wikipedia verlangt haben.
Weil die Polizei einen Selbstmordversuch befürchtet, steht Breivik im Gefängnis unter permanenter Beobachtung. „Der Inhaftierte wird mit Blick auf einen möglichen Selbstmord kontinuierlich überwacht“, sagte der Osloer Kriposprecher Pål Hjort Kraby im Fernsehsender TV2.
Breivik hatte bei seinen zwei Anschlägen in Oslo und auf der Insel Utøya am Freitag mindestens 76 Menschen getötet. Bei Polizeiverhören und vor dem Haftrichter behauptete er, dass es zwei weitere „Zellen“ mit Gleichgesinnten gebe, mit denen er zusammengewirkt habe.
Am Dienstag brachte die Polizei unterdessen auf dem Bauernhof von Breivik Sprengstoff kontrolliert zur Explosion. Wie norwegische Medien am Abend berichteten, konnte eine Behördensprecherin nicht sagen, um was für einen Sprengstoff es sich gehandelt habe. Auch zur Menge wurden keine Angaben gemacht. Die Farm rund 160 Kilometer nördlich von Oslo sei von Breivik angemietet gewesen.
Die norwegische Polizei begann am Dienstag damit, die Namen von Opfern der Terroranschläge zu veröffentlichen. Sie will Namen aller mindestens 76 Toten nach und nach bekanntgeben, sobald sie identifiziert und die Angehörigen unterrichtet sind.
Breiviks Verteidiger will auf fehlende Zurechnungsfähigkeit seines Mandanten plädieren. „Die ganze Sache deutet darauf hin, dass er geisteskrank ist.“ Der 32-Jährige glaube, er befinde sich in einem Krieg, schilderte sein Anwalt Geir Lippestad. „Und wenn du in einem Krieg bist, kannst du Dinge wie diese machen“, erläuterte er die Sicht seines Mandanten. Der Attentäter habe kein Mitgefühl mit den Opfern.
Breivik hatte die Anschläge gestanden, aber auf nicht schuldig plädiert. Noch in dieser Woche sollen zwei Rechtspsychiater benannt werden, um seine Zurechnungsfähigkeit zu untersuchen.
Die Staatsanwaltschaft bereitet eine Anklageerhebung entweder nach dem Terror-Paragrafen oder wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Die Maximalstrafe beträgt im ersten Fall 21 und im zweiten 30 Jahre Haft. Fristen für eine Anklageerhebung oder den Prozess haben die Behörden in Oslo nicht genannt.
Der Attentäter hatte am vergangenen Freitag mit einer Bombe Teile des Osloer Regierungsviertels zerstört: Mindestens acht Menschen waren getötet worden. Zwei Stunden später begann er das Massaker auf der Fjordinsel Utøya nordwestlich der Hauptstadt und tötete mindestens 68 Teilnehmer eines sozialdemokratischen Jugendlagers.
In Deutschland wird darüber diskutiert, wie man extremistischen Einzeltätern wie ihm auf die Spur kommen kann. Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte der „Rheinischen Post“ (Mittwoch): „Wir beobachten die rechtsextremistische Szene intensiv.“ Eine rechtsextremistisch motivierte Tat in Deutschland nach dem Osloer Muster lasse sich allerdings nie ausschließen.
„Selbst wenn wir präventiv die Szene noch so intensiv beobachten, lässt sich nie ausschließen, dass sich Einzelne unbeobachtet selbst radikalisieren“, sagte Friedrich. „Wir kennen bei den Rechtsextremisten einige Gefährder, aber das Problem sind nicht die, die wir im Auge haben, sondern eher die, die sich im Verborgenen radikalisieren.“
Die CSU-Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär wandte sich gegen Forderungen nach Einführung der Vorratsdatenspeicherung auch aus ihrer eigenen Partei: „Es ist nicht angemessen, auf dem Rücken junger und unschuldiger Opfer eine Regulierung des Internets zu fordern“, sagte die Vorsitzende des für Internetpolitik zuständigen CSU-Netzrates der dpa. (dpa)