Publizistin Banon beschuldigt Ex-IWF-Chef Strauss-Kahn der versuchten Vergewaltigung, spricht von “acht Jahren Hölle“. Klage eingereicht.
Paris. Er hatte seine Entlassung aus dem Hausarrest schon gebührend gefeiert, nun steht Dominique-Strauss-Kahn neuer Ärger ins Haus. Dem früheren Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) droht wenige Tage nach seiner Entlassung aus dem Hausarrest in New York eine Klage wegen versuchter Vergewaltigung in seinem Heimatland Frankreich. Die französische Schriftstellerin und Publizistin Tristane Banon wirft Strauss-Kahn vor, sie im Februar 2003 während eines Interviews sexuell angegriffen zu haben, sagte ihr Anwalt David Koubbi dem "L'Express". Sie kündigte über ihren Anwalt eine Anzeige an. Sie soll am Mittwoch bei der französischen Staatsanwaltschaft eintreffen. Der 62-jährige Strauss-Kahn schaltete umgehend französische Anwälte ein und ließ seinerseits rechtliche Schritte wegen falscher Anschuldigungen ankündigen.
„Ich kann es nicht mehr hören, dass gesagt wird, ich sei eine Lügnerin, weil ich keine Anzeige erstatte“, begründete die 32-Jährige in einem erst am Abend veröffentlichten Interview des Magazins ihren Schritt. Wenn sie eines Tages mit diesen „acht Jahren Hölle“ abschließen wolle, müsse über den Fall geurteilt werden. Sie sei noch immer traumatisiert.
Der von Banon erhobene Vorwurf der versuchten Vergewaltigung sei erfunden, sagte ein Sprecher der Kanzlei Henri Leclerc & Associés in Paris. Man bereite eine Anzeige vor. Strauss-Kahn habe „immer gesagt, dass der von Frau Banon seit 2007 beschriebene Zwischenfall Einbildung ist“, erklärten dessen Anwälte. „Ich weiß, dass ich die Wahrheit sage“, sagte hingegen Banon in dem Interview. „Strauss-Kahn heute in Freiheit zu sehen, wie er mit Freunden in einem Luxusrestaurant isst, macht mich krank“, sagte sie weiter.
Banon hatte ihre Vorwürfe nach der Festnahme Strauss-Kahns Mitte Mai in New York vorgebracht und erklärt, der 62-Jährige habe ihren BH aufgerissen und versucht, ihre Jeans aufzuknöpfen. Die heute 32-jährige Banon hatte bereits nach der Anklage gegen Strauss-Kahn in New York den Gang vor Gericht erwogen. Mit den jüngsten Ereignissen in New York habe das Einreichen der Anzeige nichts zu tun, betonte Koubbi. „Was in den USA passiert, betrifft uns nicht“, sagte der Anwalt. Sein Anklagedossier sei „extrem solide und fundiert“.
Banon hatte bereits bei einem TV-Auftritt im Februar 2007 von der mutmaßlichen Sex-Attacke Strauss-Kahns berichtet und ihn als „brünftigen Schimpansen“ bezeichnet. Der Sender blendete den Namen Strauss-Kahns allerdings aus. Auf eine Klage verzichtete sie damals auf Rat ihrer Mutter, die selbst eine sozialistische Politikerin ist und Strauss-Kahn und seine Familie persönlich kennt. Erst nach der Anzeige in New York fühlte sie sich nach eigenen Angaben ermutigt, erneut über den Fall zu reden. Verjährt ist er nach französischem Recht nicht. Dies wäre bei versuchter Vergewaltigung erst nach zehn Jahren der Fall. Banons Mutter bedauerte kürzlich, dass sie ihre Tochter damals von einer Klage gegen Strauss-Kahn abgehalten habe. „Meiner Tochter ging es sehr schlecht. Aber es wäre aus familiären Gründen zu heikel gewesen“, sagte sie der Zeitung „Paris Normandie“.
Erst am Freitag aus Hausarrest entlassen
Strauss-Kahn wurde am 14. Mai in New York wegen des Vorwurfs festgenommen, ein Zimmermädchen sexuell angegriffen zu haben. Er hat die Anschuldigungen zurückgewiesen. Nachdem Zweifel an der Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers aufkamen, wurde er am Freitag überraschend ohne Kaution aus dem Hausarrest entlassen. „Wenn sie hinsichtlich mancher Dinge gelogen hat, heißt das nicht, dass sie nicht vergewaltigt wurde“, kommentierte Koubbi. Das „Wall Street Journal“ berichtete am Montag unter Berufung auf Ermittlerkreise, die US-Ankläger hätten immer mehr Skepsis ihr gegenüber.
In Frankreich entbrannte daraufhin eine Diskussion darüber, ob Strauss-Kahn wieder ins Rennen um eine mögliche Präsidentschaftskandidatur der Sozialisten zurückkehrt. In zwei am Montag veröffentlichten Umfragen erklärte etwa die Hälfte der Befragten, Strauss-Kahn solle sich um die Kandidatur gegen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy bemühen. Die andere Hälfte ist der Meinung, seine politische Karriere sei beendet. Die Umfragen wurden veröffentlicht, bevor Anwalt Koubbi die Klage gegen Strauss-Kahn ankündigte.
Strauss-Kahn war nach den Vorwürfen in den USA vom Chefposten des Internationalen Währungsfonds IWF zurückgetreten. Bis zu seiner Verhaftung in New York galt er auch als aussichtsreichster möglicher Kandidat der französischen Sozialisten für die Präsidentschaftswahlen 2012.
Mit Material von dpa/dapd