Wenn es überhaupt zu einem Verfahren kommen sollte, würde es sich ewig hinziehen. Kandidat Hollande: Habe von dem Vorfall gewusst.
Paris. Die Klage in New York wird wohl fallengelassen, die in Frankreich wird ihn noch länger beschäftigen: Die französischen Journalistin Tristane Banon hat wegen versuchter Vergewaltigung Klage gegen Strauss-Kahn eingereicht. Nach Einschätzung einer französischen Juristin dürfte es jedoch eineinhalb Jahre dauern, bis es möglicherweise zu einem Prozess kommt.
Der Fall Banon könnte außerdem die Aussichten des Präsidentschaftskandidaten Hollande verschlechtern. Er gab zu, von dem Vorfall gewusst zu haben.
Die Staatsanwaltschaft entscheidet nun, ob sie Ermittlungen aufnimmt. Im Fall einer Verurteilung drohten Strauss-Kahn 15 Jahre Haft.
Der Fall ist seit mehreren Jahren in Frankreich bekannt und wurde in Büchern und einer Fernsehsendung aufgegriffen. Die junge Frau hatte zunächst auf eine Klage verzichtet. Viele hätten ihr damals abgeraten, sich bei einem so mächtigen Mann auf einen Prozess einzulassen, in dem Aussage gegen Aussage stehe, sagte sie in einem am Montag veröffentlichten Interview mit der Zeitschrift „L’Express“.
Auch der damalige Parteichef und heutige Präsidentschaftskandidat François Hollande sei auf dem Laufenden gewesen, betont Banon. Er sei deswegen mehrfach auf sie zugekommen und habe ihr indirekt sogar geraten, Klage einzureichen. Hollande räumte ein, dass er von den Vorfällen wusste, berichtete AFP. Er bestritt aber, dass er irgendwelche Ratschläge gegeben habe. Banon war damals mit Strauss-Kahns Tochter Camille befreundet, sie ist zudem das Patenkind von Strauss-Kahns zweiter Ehefrau.
Nach der Schilderung der jungen Frau war es bei einem Interview-Termin mit Strauss-Kahn im Februar 2003 zu sexuellen Übergriffen gekommen. Das Treffen habe in einer Privatwohnung stattgefunden. Er sei ihr an die Wäsche gegangen, sie habe sich am Ende mit Fußtritten gewehrt, berichtet sie. Nach französischem Recht verjährt ein Vergewaltigungsversuch erst nach zehn Jahren, sexuelle Belästigung bereits nach drei Jahren.
Banon rechnet damit, dass Strauss-Kahns Umgebung nun Druck ausüben wird. „Sie werden versuchen, mich klein zu bekommen, weil ich derzeit wohl der größte Dorn im Fuß für ihn bin“, meinte sie.
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Sie war die bekannteste Französin im deutschen Fernsehen, wenn nicht in Deutschland überhaupt: Die Moderatorin und Autorin Nathalie Licard, 47, hat eine dezidierte Meinung zum Fall von Dominique Strauss-Kahn. Licard war jahrelang der Sidekick, die mit „Assistentin“ nur unzureichend beschrieben Mitarbeiterin von Harald Schmidt. Denn sie war im positiven Sinne der Widerhaken der Show. Eine Frau, die von ihren Widerworten lebt. Nathalie Licard sagte dem Hamburger Abendblatt: „In den Augen der Franzosen ist Dominique Strauss-Kahn kein Präsidentschaftskandidat für das nächste Jahr. 63 Prozent der Franzosen lehnen ihn ab. In einigen Monaten kann das schon anders aussehen. Aber man könnte keinen Mann zum Präsidenten wählen, der eine solche Vorgeschichte hat.“
Das ist eine starke Meinung gegen diejenigen in Frankreich, die „DSK“ bereits wieder auf den Kandidatenplatz für die Präsidentschaftswahlen 2012 hieven. Licard bringt eine weitere Spekulation ins Spiel, die in Frankreich bereits ventiliert wird: „Er könnte vielleicht Premierminister von einer möglichen Präsidentin Martine Aubry werden. Aber das ist eine Spekulation. Jetzt geht es außerdem um neue Vorwürfe der Journalistin Tristane Banon. Man muss sehen, was dabei herauskommt.“
Was die neuen Vorwürfe gegen Strauss-Kahn erbringen, muss abgewartet werden. Aber auch die Affäre in New York ist noch nicht ausgestanden. Ob Anklage und in welchen Punkten erhoben wird, liegt bei der Staatsanwaltschaft. Die hatte Strauss-Kahn vorläufig auf freien Fuß gesetzt, weil die Zeugin – das mutmaßliche Opfer – in ihrer Glaubwürdigkeit erschüttert war.
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Zu den Verschwörungstheorien über eine mögliche Verstrickung von Präsident Nicolas Sarkozy in den Fall sagte Licard: „Man hat am Anfang nicht an diese Geschichte mit der Frau in dem Hotelzimmer in New York geglaubt. Da ist etwas ist faul, dachten viele. Wir können uns aber nicht vorstellen, dass Präsident Nicolas Sarkozy so dumm wäre, solch eine Falle für Strauss-Kahn zu inszenieren. Es gibt natürlich ein paar Komplotte in der Vergangenheit. Aber ein solches Ausmaß ist unvorstellbar. Bei einem Komplott wäre man vorsichtiger gewesen und hätte kein französisches Hotel für diesen Trick ausgesucht.“
Die Affäre hat nach Ansicht von Licard allerdings einen Wandel eingeläutet: „Bislang dachte man, im Zusammenspiel von Politik, Sex und Geld ist vieles erlaubt, solange die Politiker einen guten Job machen. Natürlich darf es keine Vergewaltigung geben. Aber diese relativ liberale Haltung hat sch durch den Fall Strauss-Kahn jetzt geändert.“