Stimmenfang bei den Jungwählern: Barack Obama stellte sich bei MTV kritischen Fragen. Er geißelte die Hetze im Internet gegen seine Politik.
Washington. Sein Vorvorgänger Bill Clinton musste sich im Musiksender MTV harten Fragen der jungen Leute stellen: Welche Unterhosen er denn trage, kurze oder Boxershorts, wurde Clinton Anfang der neunziger Jahre von einem Mädchen in einer Sendung gefragt. Der damalige Präsident antwortete, es seien inzwischen Boxershorts, aber er könne nicht glauben, dass man ihm diese Frage stelle. Der amtierende US-Präsident Barack Obama geht den Fragen bei MTV offensiv entgegen. In einer einstündigen Livesendung musste er sich jetzt auch bemühen, die Jungwähler zu aktivieren, damit sie bei den anstehenden Kongresswahlen die Demokraten wählen.
Es ging vor allem um die schlechte Wirtschaftslage, das marode Bildungssystem, die Immigration und natürlich das Thema Schwule und Lesben beim Militär. Während Obama 2008 nicht zuletzt die Stimmen der jungen Generation ins Weiße Haus brachten, sieht die Jugend die Wahl am 2. November eher mit Desinteresse. „Vergesst nicht zu wählen“, rief Obama die Zuschauer auf.
„Meine größte Furcht ist, dass Obama wiedergewählt wird“, hieß es auf einer Facebook-Botschaft, die der Sender einblendete. Obama reagierte gelassen: „Wir sind alle Amerikaner...“. Zugleich meinte er, „Internet und Twitter sind sehr mächtige Instrumente, aber statt in einen Dialog zu treten, reden wir nur schlecht übereinander.“
Bei den Parlamentswahlen drohen Obama und seinen Demokraten eine schwere Niederlage. Umfragen sagen den oppositionellen Republikanern starke Gewinne voraus, es ist nicht ausgeschlossen, dass sie den Demokraten in beiden Kammern die Mehrheit entreißen. Obama könnte dann nur noch Gesetze anregen und verabschieden lassen, wenn die Republikaner zustimmen.
Obama hat sich bei MTV klar gegen die in der Armee erzwungene Leugnung von Homosexualität ausgesprochen. „Jeder Mensch, der unter unserer Flagge dienen und sich in unserem Namen, in dem unserer nationalen Sicherheit opfern will, müsste dies tun können, ohne darüber lügen zu müssen, wer er ist“, sagte Obama. Aus seiner Sicht hätten sich Schwule und Lesben ihre sexuelle Orientierung nicht ausgesucht: „Ich denke, dass Menschen mit einer gewissen Veranlagung geboren werden und wir alle Kinder Gottes sind.“
Die US-Regierung will die geltende Regelung „Frage nichts, sage nichts“ („Don’t ask, don’t tell“) abschaffen und homosexuellen Armeeangehörigen künftig ein offenes Bekenntnis zu ihrer sexuellen Orientierung ermöglichen. Dennoch beantragte die Regierung die Aussetzung einer gerichtlichen Anordnung, keine Strafmaßnahmen gegen offen homosexuelle Soldaten mehr zu verhängen. Das US-Bundesgericht in Los Angeles solle seine einstweilige Verfügung gegen die Strafmaßnahmen aussetzen, bis sich das zuständige Berufungsgericht zu einer Aussetzung der Anordnung geäußert habe, forderte das Justizministerium.
Das „Frage nichts, sage nichts“-Gesetz war 1993 unter dem demokratischen Präsidenten Bill Clinton als Kompromiss verabschiedet worden. Im Mai stimmten das US-Repräsentantenhaus und der Streitkräfteausschuss des Senats für die Abschaffung der Regelung. Der Senat blockierte eine endgültige Entscheidung im September jedoch, indem er eine Abstimmung auf unbestimmte Dauer vertagte. Vor allem die oppositionellen Republikaner lehnen eine Reform ab.