Israel solle die Blockade des Gebiets aufheben. Der britische Premierminister will außerdem für einen Beitritt der Türkei zur EU kämpfen.
Ankara. Der britische Premierminister David Cameron hat den Gazastreifen als „Gefangenenlager“ bezeichnet und von Israel die Aufhebung der Blockade des Palästinensergebietes gefordert. „Um es klar zu formulieren: Die Situation im Gazastreifen muss sich ändern“, sagte Cameron am Dienstag während seines Türkei-Besuchs in einer Rede vor Wirtschaftsvertretern in Ankara. Der abgeriegelte Küstenstreifen „kann und darf kein Gefangenenlager bleiben“.
Nach einem Gespräch mit seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan bekräftigte Cameron seine Haltung. Zwar habe es Fortschritte gegeben , noch immer herrsche aber eine Situation, in der es „sehr schwierig“ sei, in den Gazastreifen zu reisen und ihn wieder zu verlassen. „Wir unterstützen schon lange eine Aufhebung der Blockade“, sagte Cameron. Gleichzeitig ging er aber auf die Sicherheitsbedenken Israels ein, die maßgebend für die Entscheidung des Landes waren, den Gazastreifen mit einer Blockade zu belegen. „Wir sind beide der Ansicht, dass direkte Gespräche die richtige Lösung sind“, sagte er an der Seite Erdogans in Anspielung auf Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern.
Cameron forderte die Türkei zudem auf, sich wieder mit seinem „früheren guten Freund“ Israel zu versöhnen. Das Verhältnis zwischen den beiden Staaten ist seit dem israelischen Militärangriff auf eine Hilfsflottille für den Gazastreifen am 31. Mai, bei dem neun Türken getötet worden waren, äußerst angespannt. „Ich fordere die Türkei und Israel auf, ihre Freundschaft nicht aufzugeben“, sagte Cameron.
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Er sprach sich entschieden für einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union (EU) aus. Aufgrund seines immensen wirtschaftlichen Potenzials und seines wachsenden Einflusses im Nahen Osten würde ein Beitritt des Landes größeren Wohlstand und politische Stabilität für alle EU-Mitglieder bedeuten. Bundesaußenminister Guido Westerwelle, der am Abend ebenfalls in der Türkei erwartet wurde, lehnte dagegen einen baldigen EU-Beitritt des Landes ab.
„Dies ist eine Sache, in der ich sehr leidenschaftliche Gefühle hege“, sagte Cameron vor der türkischen Handelskammer. „Ich will, dass wir zusammen eine Straße von Ankara nach Brüssel bauen.“ Cameron betonte die Bedeutung der Türkei als strategischer Partner der EU im Nahost-Konflikt und im Atomstreit mit dem Iran.
In der „Bild“-Zeitung zeigte sich Westerwelle skeptisch zu einem raschen EU-Beitritt der Türkei: „Müsste die Frage heute entschieden werden, wäre die Türkei nicht beitrittsfähig und die Europäische Union nicht aufnahmefähig.“ Westerwelle wies auf den stockenden Verlauf der Verhandlungen hin. „Wer den Eindruck erweckt, der Beitritt stünde vor der Tür, liegt also gänzlich falsch“, sagte Westerwelle.