Nur 15 Prozent der Wehrpflichtigen wurden eingezogen. Bei einem Wahlsieg könnte die Wehrpflicht wieder eingeführt werden.
Stockholm. Schweden hat zum Monatswechsel die Wehrpflicht abgeschafft. Die Armee muss seit Donnerstag ihr Personal ausschließlich aus Freiwilligen rekrutieren. Der Stockholmer Reichstag hatte den 1901 eingeführten militärischen Zwangsdienst in Friedenszeiten auf Betreiben der Mitte-Rechts-Regierung von Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt aufgehoben.
Die Links-Opposition aus Sozialdemokraten, Grünen und Linken stimmte Mitte Juni im Parlament für die Beibehaltung der Wehrpflicht. Als offen gilt, ob die sozialdemokratische Parteichefin Mona Sahlin bei einem möglichen Wahlsieg im September das bisherige System wieder einführen wird. Zuletzt waren nur noch knapp 15 Prozent der wehrpflichtigen Männer zum elfmonatigen Grundwehrdienst eingezogen worden.
Die Armeeführung beziffert ihren Personalbedarf auf jährlich 4000 bis 6000 Freiwillige bei einer Truppenstärke von gut 15.000 Soldaten. Der konservative Verteidigungsminister Sten Tolgfors begründete das neue System vor allem mit der total veränderten Sicherheitslage nach dem Ende des Kalten Krieges. Noch bis 1990 hielt Schweden 750.000 Männer und Frauen unter den insgesamt 9,4 Millionen Einwohnern als Reservisten für den Fall einer sowjetischen Invasion einsatzbereit.
Zur jetzigen Lage meinte Tolgfors: „Schwedens Fähigkeit zur Selbstverteidigung wird durch die Professionalisierung mit vertraglich gebundenen Soldaten erhöht.“ Während das Regierungslager die Professionalisierung der Armee auch mit den Anforderungen von Auslandseinsätzen wie in Afghanistan begründete, warnten die Sozialdemokraten vor der Gefahr einer gesellschaftlichen Sonderrolle des Militärs.