Um Fehler beim Aufbau der Demokratie zu vermeiden, will Libyen aus den Fehlern ihrer Nachbarn lernen und religiöse Parteien nicht zulassen.
Tripolis. Aufgrund der Spannungen in anderen arabischen Revolutionsstaaten will der libysche Übergangsrat die Bildung religiöser Parteien verbieten. Auch Parteien, die bestimmte Volksgruppen, Regionen oder Stämme repräsentieren wollen, werden nicht zugelassen. Wie der Übergangsrat am Mittwoch weiter mitteilte, soll das Justizministerium demnächst mit der Registrierung der Parteien beginnen.
In Libyen soll am 19. Juni zum ersten Mal gewählt werden. Unter Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi, der im vergangenen Jahr erst gestürzt und dann von Rebellen getötet worden war, hatte es weder Parteien noch Wahlen gegeben. Der Aufbau eines demokratischen Staates beginnt deshalb fast bei Null. Bei der Organisation ihrer ersten Wahl lassen sich die Libyer von den Vereinten Nationen beraten.
Eine am Dienstagabend veröffentlichte Verordnung, die Teil des Wahlgesetzes ist, knüpft die Bildung von Parteien an weitere Bedingungen. Wer eine Partei gründen will, muss mindestens 250 Mitglieder vorweisen. Wer eine „politische Gruppierung“ ohne Parteistatus registrieren lassen wolle, brauche dafür 100 Mitglieder, hieß es.
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Allen Parteien ist es strikt verboten, Geldspenden aus dem Ausland entgegenzunehmen oder Bündnisse mit ausländischen Parteien einzugehen. Beobachter vermuten, dass diese Regelung auf die Muslimbruderschaft gemünzt ist, die in vielen arabischen Staaten verwurzelt ist und in Ägypten nach dem Sturz von Präsident Husni Mubarak zur größten Fraktion im Parlament wurde.
Libyen ist ein islamisches Land, in dem religiöse Praktiken wie das Fasten oder das Gebet für viele Menschen Teil des Alltags sind. Nach dem Umsturz im vergangenen Jahr hatte es vereinzelt Auseinandersetzungen mit radikalen Salafisten gegeben. Unter anderem waren Gräber von christlichen Kriegsopfern beschädigt und Grabstätten von Muslimen zerstört worden, die von Anhängern einer anderen Interpretation des Islam besucht worden waren.
Die Libyer sollen zunächst 200 Mitglieder einer Allgemeinen Nationalkonferenz wählen. Dieses Gremium hat den Auftrag, eine neue Übergangsregierung zu bilden und ein Verfassungskomitee mit 60 Mitgliedern zu wählen. Dieses Komitee soll aus Repräsentanten der verschiedenen Regionen des Landes bestehen und vier Monate Zeit erhalten, um eine Verfassung auszuarbeiten. (dpa)