Frankreich rüstet sich für das Duell Sarkozy-Hollande. Beide buhlen um die Stimmen der ausgeschiedenen Kandidaten, ihre Taktiker prüfen Allianzen. Der Präsident gibt sich kampfbereit, sein Herausforderer will die Stichwahl zum Anti-Sarkozy-Referendum umfunktionieren.
Paris. Nach der Wahl ist vor der Wahl. In Frankreich hat am Montag das Buhlen um die Anhänger der ausgeschiedenen Präsidentschaftskandidaten begonnen. Wenige Stunden nach der verlorenen ersten Runde warb Nicolas Sarkozy bereits um Stimmen im rechtsextremen Lager. „Ich habe euch verstanden“, sagte der um seine Wiederwahl kämpfende Präsident vor Fernsehkameras in Paris. Er wird die Stimmen der Rechtsextremen im zweiten Wahlgang brauchen, um sich am 6. Mai gegen den erfolgreichen sozialistischen Kontrahenten François Hollande zu behaupten.
+++ Leitartikel: Sonnenkönig in Not +++
Sarkozys Charme-Offensive zielt vor allem auf die Unterstützer der rechtsextremistischen Front National (FN). Deren Kandidatin und Parteichefin Marine Le Pen hatte nach heftiger Europa-Kritik und der Forderung nach strengsten Auflagen in der Ausländerpolitik ein Rekordergebnis von knapp 18 Prozent eingefahren.
Als schlechtes Signal wertete Hollande diesen Wert nach der ersten Runde, nach der er sich selbst zum Favoriten für die Stichwahl erklärte. Das Abschneiden der FN müsse im Lande einen Aufschrei der Empörung auslösen, so Hollande. Die Linke müsse sich hinter ihm sammeln. Der Kandidat der kommunistisch orientierten Linksfront forderte seine Anhänger bereits auf, für Hollande zu stimmen. Jean-Luc Mélenchon war am Sonntag mit 11,11 Prozent der Stimmen auf den vierten Platz gekommen.
Hollande hatte mit knapp 1,5 Prozent einen Vorsprung auf Sarkozy, der weitaus geringer ausfiel als erwartet. Der Sozialist versammelte am Montag seinen Beraterstab um sich. Aus seinem Umfeld verlautete, dass er die Stichwahl in eine Art Referendum gegen Sarkozy umwandeln wolle.
Der Präsident gab sich kampfbereit. „Ich kündige für die zweite Runde einen extrem starken Wahlkampf an“, sagte er dem TV-Nachrichtensender BFM. Es gebe keinen Linksrutsch – aber ein Votum der durch die Krise Verbitterten, meinte er. Mit einem Appell an die „Vaterlandsliebe“ der Le Pen-Unterstützer erklärte er: „Die Wähler des FN müssen respektiert werden; sie haben vor dem Hintergrund der Krise ihre Wahl getroffen.“
Die Le-Pen-Partei hatte schon früher eine Unterstützung Sarkozys abgelehnt – er dürfte daher Zugeständnisse an die FN-Wähler machen und ausländerfeindlichere Töne anschlagen, um ihre Stimmen zu bekommen. In die Rolle des Königsmachers könnte auch Zentrumskandidat François Bayrou schlüpfen, der auf 9,13 Prozent der Stimmen kam. Er will in den kommenden Tagen entscheiden, welchen der beiden Kandidaten er unterstützen will.
Geradezu trotzig fuhr Sarkozy mehrere umstehende Journalisten an: „Sie haben mir vor zweieinhalb Monaten erklärt, dass ich nicht in der zweiten Runde sein werde. Und jetzt?“ Die Meinungsforschungsinstitute hatten den Hollande-Sieg in der ersten Runde in der Tat zwar korrekt vorhergesagt, nicht aber die hohe Wählerbeteiligung von knapp 80 Prozent und den hohen Erfolg der Le-Pen-Partei. Mit Hinweis auf die Fehleinschätzung der Meinungsforschungsinstitute blaffte Sarkozy, was für eine Schmach für die, die ihn bereits abgeschrieben hätten.