Durch die Erhöhung des Rettungsschirms für die Eurozone werde eine höhere “Brandschutzmauer“ gebildet, sagte die IWF-Chefin.
Berlin. Christine Lagarde, Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), hat einen größeren Rettungsschirm für die Eurozone gefordert. Es gehe um eine höhere „Brandschutzmauer“ für Italien und Spanien, damit diese Länder wegen „abnormaler“ Zinskosten nicht in eine Solvenzkrise abrutschten, sagte sie am Montag in Berlin. Die Eurokrise sei das „Epizentrum“ der weltweiten Finanzkrise, warnte Lagarde.
Der dauerhafte Rettungsschirm ESM sollte vergrößert werden, um jene Mittel, die bereits für den temporären Schirm EFSF festgelegt seien, was nicht unbedingt eine Verdoppelung bedeute, sagte Lagarde weiter. Ihr sei bewusst, dass dies ein kontroverses Thema sei. Das würde grob auf eine Größenordnung von rund 750 Milliarden Euro hinauslaufen.
Die Welt erwarte von Deutschland heute die Übernahme einer Führungsrolle, fügte Lagarde hinzu, die am Vorabend mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) beraten hatte. Ein Mangel an Entschlossenheit könnte dazu führen, dass die Finanzkrise nicht gelöst werde. Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) täten aber alles, was sie könnten.
+++ Italien fordert eine Billion Euro für permanenten Rettungsschirm +++
+++ Aufstockungsplan trifft auf geteiltes Echo +++
+++ Merkel plant Treffen mit IWF-Chefin Lagarde und EU-Spitzen in Berlin +++
Deutschland habe einen hohen Leistungsbilanzüberschuss und eine geringe Arbeitslosigkeit, ergänzte Lagarde. Ein höherer Konsum in Deutschland wäre nicht nur gut für die deutschen Verbraucher, sondern auch für den Rest der Welt. Sie erwarte ein niedriges Wachstum in vielen Teilen der Welt. Genauere Zahlen werde der IWF am Dienstag vorlegen.
Eine Politik für mehr Wachstum sei ebenfalls erforderlich, um die Steuerbasis zu erhöhen und so die Haushalte zu sanieren. Einzelne Länder der Euro-Zone könnten allerdings nicht mehr die Wirtschaft ankurbeln, sondern müssten sparen. Die Welt könnte leicht in eine Entwicklung wie bei der Großen Depression in den 30er Jahren hineinrutschen, warnte Lagarde. Sie bleibe aber hoffnungsvoll. Es gebe Wege hinaus. Dafür seien politische Willensanstrengungen notwendig.
Bei der Europäischen Zentralbank (EZB) gebe es durch die sinkende Inflation in den kommenden Monaten Raum für Zinssenkungen, ergänzte Lagarde. Die EZB habe bereits viel getan – durch die Bereitstellung von Billigkrediten für die Geschäftsbanken und durch die Annahme von geringeren Sicherheiten für Kredite.
Der IWF wolle seine eigene Finanzkraft ebenfalls erhöhen, sagte Lagarde. In den kommenden Jahren wolle er über 500 Milliarden Dollar zusätzlich verfügen, um so etwa eine Billion Dollar zu erreichen. Der Fonds befinde sich dazu in Gesprächen mit seinen Mitgliedsländern. Die Nicht-Europäer seien allerdings „frustriert“, dass sie Staaten helfen sollten, die einen höheren Lebensstandard hätten als sie selbst.
Die Finanzbranche müsse im Kampf gegen die Krise stärker herangezogen werden, verlangte Lagarde weiter. Ob dies über eine Finanztransaktionssteuer geschehen solle, ließ sie ausdrücklich offen. (dapd)