Es sind die bislang blutigsten Anschläge der Boko-Haram-Sekte. Am Freitag detonierten in Büros von Staat, Polizei und Geheimdiensten Bomben.

Kano. Der blutige Terror der Sekte Boko Haram in Nigeria geht weiter. Nach den verheerenden Bombenanschlägen in der Stadt Kano am Freitag ist die Zahl der Opfer auf mittlerweile mindestens 165 angestiegen. Dies geht aus Berichten von Mitarbeitern der Gesundheitsbehörden und Zeugenaussagen in den Krankenhäusern hervor. Man müsse davon ausgehen, dass diese Zahl noch weiter steige, hieß es aus Medizinerkreisen.

Unter den Opfern sind viele Polizisten, andere Sicherheitskräfte, Häftlinge in den angegriffenen Polizeistationen. Auch Zivilisten seien unter den Toten. Zunächst hatten die Behörden offiziell nur von zehn Toten gesprochen. Unklar ist weiter, wie viele Menschen bei den Angriffen verletzt wurden. Am Freitagabend wurde von den Behörden für das gesamte Stadtgebiet Kanos eine 24-stündige Ausgangssperre verhängt.

Ziele der koordinierten Serie von Anschlägen am Freitagnachmittag waren das Polizeihauptquartier sowie drei weitere Polizeistationen in der zweitgrößten Stadt Nigerias im Norden des Landes. Die radikalislamische Sekte Boko Haram bekannte sich telefonisch bei mehreren nigerianischen Medien zu den Anschlägen und bezeichnete sie als „Vergeltungsmaßnahmen“ nach jüngsten Verhaftungen von Mitgliedern der Terror-Organisation. Der britische Sender BBC berichtete, es habe an über einem Dutzend Orten in Kano Bombenanschläge gegeben.

Augenzeugen berichteten nach den Anschlägen der dpa von Chaos und Panik in vielen Teilen der Stadt. Bilder des nigerianischen Fernsehens zeigten brennende Häuser. Viele Krankenhäuser der Millionenstadt waren von hunderten besorgter Menschen belagert, die fürchteten, Angehörige befänden sich unter den Opfern oder Verletzten. Am Samstagmorgen waren Schüsse zu hören. Ein Journalist war am Freitag bei Interviews mit Augenzeugen der Anschläge von einem Heckenschützen getötet worden.

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Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) verurteilte die Anschläge. „Die blutigen Angriffe auf Christen und staatliche Stellen sind eine große Gefahr für den inneren Frieden im Vielvölkerstaat Nigeria“, hieß es in einer am Samstag veröffentlichten Stellungnahme des Auswärtigen Amtes in Berlin. Extremistischen Gruppen wie Boko Haram müsse „so schnell wie möglich das Handwerk gelegt werden“.

Nigeria leidet seit langem unter dem Terror der Islamisten, die ihre Basis im überwiegend islamischen Norden des bevölkerungsreichsten Staates in Afrika haben. In den Weihnachtstagen und Anfang Januar waren bei Bombenanschlägen und Überfällen auf christliche Kirchen Dutzende von Menschen getötet und viele andere verletzt worden. Nigerias Präsident Goodluck Jonathan hatte vorübergehend den Ausnahmezustand über vier Regionen verhängt und die Grenzen zu Nachbarländern schließen lassen.

Vor drei Wochen hatten die Islamisten den Christen im überwiegend muslimischen Norden Nigerias ein Ultimatum gestellt. Sie sollten innerhalb von drei Tagen die Region verlassen. Die Boko Haram lehnt jeden westlichen Lebensstil und das Christentum strikt ab. Mindestens

10 000 Christen waren nach Angaben des Roten Kreuzes aus dem Norden geflohen. In den vergangenen Wochen wurde Nigeria auch durch gewalttätige Proteste und einen Generalstreik in vielen Teilen des Landes gegen die Erhöhung der Benzinpreise erschüttert. (dpa/abendblatt.de)