Nigeria rutscht immer tiefer in die Krise. Bei Massenprotesten gegen die gestiegenen Benzinpreise kamen drei Menschen ums Leben.
Kapstadt/Abuja. Nigeria rutscht, auch angesichts des islamistischen Terrors gegen die Christen im Land, immer tiefer in die Krise. Bei Massenprotesten gegen Benzinpreiserhöhungen im bevölkerungsreichsten Land Afrikas hat es drei Tote und zahlreiche Verletzte gegeben. Unter den Opfern seien auch zwei Kinder, die am Montag bei Demonstrationen in der Stadt Kano im Norden des Landes getötet wurden, meldete das nigerianische Fernsehen. Außer in Kano habe die Polizei auch in der Wirtschaftsmetropole Lagos das Feuer auf Demonstranten eröffnet. Nigeria schliddert angesichts der anhaltenden Terrorwelle von Islamisten vor allem gegen die Christen im Norden Nigerias immer tiefer in eine schwere Krise.
Millionen Nigerianer waren am Montag dem Aufruf nach einem Generalstreik aus Protest gegen die Streichung von Subventionen auf Benzin gefolgt. In zahlreichen Städten Nigerias gingen die Sicherheitskräfte mit Tränengas und Schlagstöcken gegen Demonstranten vor, die Straßen blockierten, Feuer entzündeten und Steine warfen.
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Der Streik legte weite Teile des öffentlichen Lebens in Nigeria lahm. Die sonst überfüllten Straßen in der Hauptstadt Abuja waren weitgehend leer, der Flughafen wurde geschlossen. Der öffentliche Verkehr kam zum Erliegen, da die Busfahrer ebenfalls die Arbeit niederlegten. An vielen Plätzen der Millionenstadt versammelten sich Demonstranten.
Wie lange der Streik fortgeführt werden soll, war am Montag unklar. "Der Streik muss weitergehen, bis die Regierung ihre Entscheidung widerruft“, sagte ein Gewerkschaftssprecher. "Für uns gibt es keinen Rückzug, kein Aufgeben, wir werden bis zum letzten Blutstropfen kämpfen“, sagte die Mitarbeiterin einer Menschenrechtsorganisation, Patricia Nkom, in Abuja.
An dem Streik beteiligten sich dem südafrikanischen Fernsehsender E-News zufolge Arbeitnehmer aller Branchen, angefangen von den Arbeitern der Ölindustrie bis hin zu Beamten und Anwälten. Auch Intellektuelle wie der Schriftsteller Chinua Achebe unterstützen den Protest. Die Verdoppelung des Benzinpreises sei eine "unzumutbare finanzielle Bürde für die Menschen in Nigeria“, sagte der 81-Jährige. Achebe war 2002 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet worden.
Präsident Goodluck Jonathan hatte am Wochenende versucht, den Streik in letzter Minute abzuwenden und eine Kürzung der Gehälter aller hochrangigen Politiker und Spitzenbeamten um 25 Prozent angekündigt. Er appellierte an die Bürger, den Frieden im bevölkerungsreichsten Staat Afrikas zu bewahren: "Ich möchte jedem Nigerianer versichern, dass der derzeit gefühlte Schmerz nur vorübergehend ist.“ Alle müssten Opfer bringen, um die Lage im Land zu verbessern, erklärte er.
Nigeria mit seinen über 400 Völkern und mehr als 150 Millionen Einwohnern wird in wachsendem Maße zu einem politischen Pulverfass. Bei Anschlägen von Islamisten auf Christen waren am Wochenende erneut zahlreiche Menschen ums Leben gekommen. Für den Terror zeichnet die radikalislamische Sekte Boko Haram verantwortlich. Diese hatte die Christen in der vergangenen Woche ultimativ aufgefordert, binnen drei Tagen den islamisch geprägten Norden zu verlassen, und ihnen weitere Gewalt angedroht. Die christlichen Kirchen betonten, dass sie sich "angemessen“ wehren wollten. (dpa)