Wird der Klimagipfel ein Erfolg? UN-Klimachef Yvo de Boer ist zuversichtlich. Doch Dänemark hat das Ziel eines neuen Abkommens aufgegeben.

Kopenhagen. Kurz vor ihrem Abschluss drohen die Verhandlungen beim Weltklimagipfel im Kopenhagen zu scheitern. Gipfelgastgeber Dänemark hat bereits ein Stück weit kapituliert haben: Seine Pläne für einen neuen Entwurf für ein Klimaschutzabkommen hat Dänemark bereits aufgegeben. Die Vertreter der 193 Staaten sollten sich auf bestehende UN-Texte stützen, die zentrale Ziele zur Bekämpfung der globalen Erwärmung skizzierten, sagte der dänische Ministerpräsident und Leiter der Weltklimakonferenz Lars Lokke Rasmussen am Donnerstag in Kopenhagen. „Andere Texte wird es nicht geben“, fügte er hinzu. Er reagierte damit auf die Weigerung der Entwicklungsländer und wichtiger Schwellenländern wie China und Indien, weiter unter dänischer Führung zu verhandeln. Rasmussen hat zudem eine neue Arbeitsgruppen angekündigt. Sie soll die strittigen Fragen in letzter Minute doch noch lösen.

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Kurz bevor heute die etwa 120 Staats- und Regierungschefs, unter ihnen auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU), in Kopenhagen eintreffen, gab sich UN-Klimachef Yvo de Boer dennoch kämpferisch. „Die nächsten 24 Stunden sind absolut entscheidend und müssen produktiv genutzt werden“, sagte de Boer. Bis morgen soll das neue weltweite Klimaabkommen stehen. Während viele nicht mehr daran glauben, ist de Boer optimistisch: “Ich glaube immer noch, dass ein wirklicher Erfolg möglich ist.“

Bevor sie nach Kopenhagen reist, hat Kanzlerin Merkel in einer Regierungserklärung im Bundestag vor einem Scheitern des Gipfels gewarnt. „Wenn wir jetzt nicht die notwendigen Weichenstellungen vornehmen, riskieren wir dramatische Schäden“, sagte Merkel. „Das wird besonders die ärmsten Staaten treffen. Aber keiner wird davon verschont sein.“ Wenn in Kopenhagen keine verbindliche Verpflichtung zu einer Begrenzung des Anstiegs der Erderwärmung auf maximal zwei Grad erreicht werde, wäre die Konferenz gescheitert. „Ich werde alles versuchen, zusammen mit unserem Umweltminister, dass es gelingt.“ Derzeit sei allerdings „kein vernünftiger Verhandlungsprozess“ in Sicht.

Ob de Boer Recht behalten und Merkel sich durchsetzen wird, scheint momentan höchst fraglich. In der Nacht mussten bereits die Verhandlungen unter den 192 Staaten ergebnislos abgebrochen werden. Vor allem China lässt momentan die Hoffnung auf einen Erfolg schrumpfen. Zusammen mit der brasilianischen wollte die chinesische Delegation die informellen Gespräche über einen Vertragstext für das angestrebte Klimaabkommen heute Nacht nicht fortsetzen, wie der dänische Rundfunk berichtet. Aus der chinesischen Delegation werde ein „operatives Abkommen“ inzwischen ausgeschlossen. Peking halte nur noch eine kurze Schlusserklärung für möglich.

Bevor die nächtlichen Verhandlungen endgültig abgebrochen wurden, erklärten zudem mehrere Vertreter von Entwicklungsländern, dass sie sich übergangen fühlten. Sie könnten keinen Sinn in weiteren Gesprächen sehen. Die dänische Präsidentschaft konnte vor diesem Hintergrund auch kurz vor dem vorletzten Verhandlungstag immer noch keinen Entwurf für Klimaabkommen vorlegen. Er war ursprünglich bereits für das Wochenende angekündigt und sollte Grundlage für die Schlussphase mit den Regierungschefs sein.

So sind nach wie vor noch zahlreiche Fragen offen, zum Beispiel in welcher Größenordnung die Industriestaaten ihren Ausstoß an CO2 zu begrenzen bereit sind. Auch ist unklar, wie viele Milliarden Dollar Industrieländer den Entwicklungsländern für Klimaschutzmaßnahmen bereitstellen wollen und wie die künftigen Treibhausgasemissionen in Schwellen- und Entwicklungsländern überwacht werden sollen.

Ob diese offenen Punkte noch geklärt werden können, hängt im wesentlich von den nächsten Stunden ab. Wegen der verhärteten Fronten zwischen Entwicklungs- und Schwellenländern auf der einen und den Industriestaaten auf der anderen Seite gelten die Aussichten auf einen erfolgreichen Abschluss des Gipfels als zunehmend geringer. In der EU breitet sich zunehmend Sorge über ein mögliches Scheitern aus. Aus der Delegation der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft verlautete am Donnerstagmorgen: „Es sieht nicht gut aus. Wir sind immer noch bei Verfahrensfragen.“

Merkel hatte mehrfach größere Klimaschutz-Beiträge und Zusagen der USA und Chinas angemahnt, um den Verhandlungen zum Durchbruch zu verhelfen. Ärmere Länder sollen mit EU-Soforthilfen von 7,2 Milliarden Euro dazu gebracht werden, ihre Beiträge zum Klimaschutz zu leisten. Ziel ist ein neues globales Abkommen, um eine zu starke Erderwärmung und eine Häufung von Naturkatastrophen zu verhindern.

Die EU und Deutschland sehen sich in Kopenhagen nach den Worten von Umweltminister Norbert Röttgen als Brückenbauer für ein neues Weltklimaabkommen. Es gelte, die Krise der Kopenhagener Konferenz zu aufzubrechen, sagte der Minister am Donnerstag im ZDF. „Wir wollen das europäische Potenzial voll ausschöpfen, um Brücken zu bauen und voranzukommen, aber andere müssen auch über diese Brücke gehen“, sagte Röttgen. Das gelte vor allem für China und USA.

Weniger zuversichtlich sind die Briten. Der britische Klimaschutzminister Ed Miliband sagte im Sender BBC, die Gespräche stünden auf Messers Schneide und seien ernsthaft in Gefahr. „Im Grunde haben wir den Tag heute damit verbracht, über die Form des Tisches und die Art der Verhandlungen zu streiten. Angesichts der sehr kurzen Zeit, die wir noch haben, ist das kein guter Weg“, sagte er über die gestrigen Gespräche.