Kopenhagen. Das Jahr 2009 wird höchstwahrscheinlich das fünftwärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen (anno 1850). Das meldete gestern der Meteorologische Weltverband WMO, der Wetterdaten aus 183 Ländern sammelt. "Wir haben einen Erwärmungstrend, da gibt es keinen Zweifel", sagte WMO-Generalsekretär Michael Jarraud. "Aber es geht nicht nur um die Erwärmung, sondern auch um die damit verbundene veränderte Niederschlagsverteilung und um extreme Wetterereignisse."
Die erste Dekade dieses Jahrhunderts war wärmer als die 90er-Jahre des 20. Jahrhunderts, die ihrerseits wärmer waren als die 80er-Jahre. Allerdings wirkt sich die Erwärmung von Jahr zu Jahr regional unterschiedlich aus. So meldete Nordamerika in diesem Jahr bislang Temperaturen knapp unter dem langjährigen Durchschnitt, während alle anderen Kontinente im Plus liegen. Für große Teile Südasiens und Zentralafrikas wird 2009 sogar zum Rekordjahr werden, so die WMO.
Eine Hitzewelle mit 150 Toten hielt im Mai Indien in Atem; einen Monat später stieg das Quecksilber in Nordchina über die 40-Grad-Marke, auch dort gab es an einigen Orten Temperaturrekorde. Im Juli folgte Italien mit Höchsttemperaturen von 40 bis 45 Grad. Aber es geht auch anders: Der Oktober war in den USA der drittkälteste der Wetterdatenbank.
Auch in Sibirien gebe es gerade eine Kältewelle, sagte eine russische Journalistin auf der WMO-Pressekonferenz, "für mich ist es hart, meinen Landsleuten die Klimaerwärmung zu erklären, wenn in Sibirien minus 40, minus 50 Grad herrschen". Die Erwärmung verlaufe nicht kontinuierlich, antwortete Jarraud, das Klima schwanke von Natur aus. "Aber die Kältewellen werden seltener und die Hitzewellen häufiger werden."
Die mit der Erwärmung verbundenen Niederschlagsänderungen und Extremwetterlagen machen seit einigen Jahren Schlagzeilen, auch 2009. Im September fiel im Mittelmeerraum heftiger Regen. Im Südosten Spaniens registrierten Meteorologen um die 300 Millimeter Niederschlag in 48 Stunden - in einer Region, deren Jahresniederschlag gewöhnlich unter 450 mm liegt. In der Türkei fielen im selben Monat die stärksten Regenfälle seit 80 Jahren und verursachten starke Überschwemmungen. Und nachdem der Monsunregen in diesem Jahr in Indien sehr sparsam fiel, regnete es im Süden des Landes im Herbst so stark, dass mehr als 250 Menschen in den Fluten starben. Dagegen mangelte es in Ostafrika nach einer heftigen Dürre den Menschen an Nahrung - die Maisernte fiel um 40 Prozent zu niedrig aus. Angesichts der derzeitigen Entwicklung warnte der WMO-Chef: "Wir kommen der Zwei-Grad-Erwärmung immer näher. Sollte sich die Erde bis zum Ende des Jahrhunderts um drei Grad erwärmen, müssen wir mit mehr Schäden rechnen, und es wird teurer werden, uns vor den Klimafolgen zu schützen." Im Großen und Ganzen entsprechen die Wetterdaten den Aussagen der Klimaforscher, so Jarraud.
Welche Länder schon heute besonders bedroht sind, präsentierte der deutsche Umwelt- und Entwicklungsverband Germanwatch mit seinem Globalen Klima-Risiko-Index. Demnach waren Bangladesch, Birma und Honduras im Zeitraum 1990 bis 2008 am stärksten durch Wetterextreme betroffen, gefolgt von Vietnam, Nicaragua und Haiti. Deutschland belegt Rang 23, die Vereinigten Staaten Platz 18.
Dies zeigt ein weiteres Mal, dass vor allem Entwicklungsländer unter den Klimasünden der Industrieländer leiden. "Deshalb müssen die reichen Staaten den armen Ländern bei der Anpassung an die Klimafolgen finanziell helfen. Und dieses Geld muss zusätzlich zur Entwicklungshilfe fließen", sagte Klaus Milke von Germanwatch.