Konjunkturpaket, mehr Truppen für Afghanistan - was aus Amerika jetzt auf Deutschland zukommt.
Hamburg/Washington. Kampf dem Terror, Linderung der tiefen Wirtschaftskrise und ein geordneter Rückzug aus dem Irak: An seinem ersten Arbeitstag beschäftigte sich der neue US-Präsident Barack Obama gestern mit den drei zentralen Herausforderungen zu Beginn seiner Amtszeit. Obama und seine Frau Michelle hatten nach der feierlichen Vereidigung am Dienstag bis in die Morgenstunden einen wahren Feiermarathon in der Hauptstadt Washington absolviert und zehn Bälle besucht. "Heute feiern wir, morgen fängt die Arbeit an", sagte der frisch gebackene Präsident.
Erste offizielle Amtshandlung Obamas war, letzte noch nicht rechtskräftige Verfügungen seines Vorgängers George W. Bush zu blockieren oder zu überprüfen. Zu den letzten von Bush verfügten Neuregelungen gehörte die Erlaubnis zum verdeckten Tragen von Waffen in verschiedenen Nationalparks.
Sofort danach ordnete Obama an, dass die anhängigen Verfahren gegen Terrorverdächtige bei den Militär-Sondergerichten im Gefangenenlager Guantanamo für 120 Tage ausgesetzt werden. In der Zwischenzeit soll geprüft werden, ob das umstrittene System der Sondergerichte vollständig abgeschafft wird. Die Schließung des Lagers war eins der Wahlkampfversprechen des 47-Jährigen.
Ein Militärrichter verhängte zunächst den vorläufigen Stopp des Verfahrens gegen den als "Kindersoldaten" bekannten Kanadier Omar Khadr. Er sollte sich von kommender Woche an vor einem Sondergericht wegen Tötung eines US-Soldaten 2002 in Afghanistan verantworten. Damals war Khadr 15 Jahre alt.
Mit seinen Wirtschaftsberatern traf Obama sich, um die Arbeiten an einem neuen Konjunkturpaket von 825 Milliarden Dollar voranzutreiben. "Deutschland ist grundsätzlich daran gelegen, dass es der amerikanischen Wirtschaft gut geht, weil wir vom Export leben", sagte Josef Braml, Amerika-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), dem Abendblatt. "Obama will durch eine energiepolitische Wende neue Jobs, insbesondere im Infrastrukturbereich und Transportsektor, schaffen." Da könnten auch deutsches Know-how und Technologie gefragt sein. "Deutschland muss aber auch aufpassen, dass die Programme nicht nur auf amerikanische Firmen begrenzt werden und so Protektionismus ausgeübt wird."
Weiterhin plante Obama Gespräche mit Sicherheits- und Militärberatern über den von ihm versprochenen Truppenabzug aus dem Irak sowie über den Einsatz von weiteren Soldaten in Afghanistan. "Ich kann mir vorstellen, dass Deutschland in die Pflicht genommen wird, sich mit mehr Soldaten und weniger Auflagen am Afghanistan-Einsatz zu beteiligen", so Experte Braml. Der Präsident werde viel Geld für die Innenpolitik in die Hand nehmen, das dann für internationale Einsätze fehle. "Er wird von den Alliierten Lastenverteilung einfordern. Wenn Deutschland da nicht mitziehen kann, könnten die USA die bestehenden multilateralen Strukturen reformieren wollen und zum Beispiel Vorstellungen einer globalen Nato forcieren, in der dann auch Japan, Australien oder Südkorea beitragsfähige Mitglieder wären."
In einem Telefonat mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas kündigte Obama an, sich für einen "dauerhaften Frieden" im Nahen Osten einsetzen zu wollen. Mitarbeitern zufolge will der US-Präsident den früheren Senator George Mitchell zum Nahost-Sonderbeauftragten ernennen. Er hatte sich in der Vergangenheit als Vermittler im Nordirland-Konflikt einen Namen gemacht.
Nach Ansicht von Josef Braml könne man jetzt im Nahost-Konflikt mehr US-Engagement erwarten. "Obama muss wohl auf die jüdische Lobby Rücksicht nehmen, aber die ist viel pragmatischer als die amerikanische religiöse Rechte, die es dem Vorgänger Bush erschwerte, Druck auf beide Konfliktparteien auszuüben", sagte der US-Experte.
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