Der neue Chef im Weißen Haus will sich nun ganz auf die Probleme in Afghanistan konzentrieren.
Washington/Bagdad/Hamburg. Der Super Bowl, das Finale der amerikanischen Football-Profiliga, findet stets vor einem Multimillionen-Publikum statt - und war somit die geeignete Kulisse für US-Präsident Barack Obama, um eine wichtige Ankündigung zu machen.
Ein "substanzieller" Teil jener rund 146 000 US-Soldaten, die sich derzeit bemühen, den Irak zu befrieden, werde er bis zum nächsten Super Bowl - also innerhalb eines Jahres - nach Hause holen, erklärte Obama im US-Sender NBC. Nachdem die Wahlen in 14 der 18 irakischen Provinzen erfolgreich und ohne größere Zwischenfälle abgehalten worden seien, seien die USA in der Lage, "mehr Verantwortung den Irakern zu übertragen". Dies seien "gute Nachrichten nicht nur für die Truppen im Feld, sondern auch für die Familien, die eine enorme Last tragen".
Vor seiner Amtsübernahme am 20. Januar hatte Obama erkennen lassen, dass ihm die bisherigen Zeitpläne der Militärplaner nicht zusagten. Im Dezember hatte das Pentagon Pläne für einen Abzug von bis zu 8000 Soldaten innerhalb von einem halben Jahr vorgelegt.
Die neuen Pläne, deren Details noch streng geheim gehalten werden, stellen offenbar einen Kompromiss zwischen den Vorstellungen Obamas, der am liebsten alle Kampftruppen schon 2010 aus Mesopotamien abgezogen hätte, und den militärischen Sicherheitserfordernissen.
Nach dem Anfang des Jahres in Kraft getretenen Sicherheitsabkommen zwischen Bagdad und Washington sollen die US-Truppen ohnehin komplett bis 2011 abgezogen sein. Aus den Städten sollen sie sich bereits bis zum Juni zurückgezogen haben. Die übrigen ausländischen Truppen, darunter 4000 Briten, werden den Irak bereits bis Jahresmitte verlassen haben. In der scharf gesicherten Grünen Zone in Bagdad, lange Jahre Sitz der amerikanischen Besatzung, residiert nun die irakische Regierung von Ministerpräsident Nuri al-Maliki.
Die Zeichen amerikanischer Entflechtung seien überall zu erkennen, schrieb die "New York Times". So sei es in den Tagen vor den Provinzwahlen möglich gewesen, ungefährdet von der türkischen Grenze im Norden über Bagdad bis Basra im Süden zu fahren - und ohne auf einen einzigen amerikanischen Konvoi zu stoßen. US-Hubschrauber und Kampflugzeuge beherrschen zwar noch den Himmel, die Iraker aber weitgehend den Boden.
In den Augen der Amerikaner sei der Irak-Krieg bereits vorbei, schrieb die NYT. Präsident Obama habe es ganz klargemacht, dass dies nicht sein Krieg sei - er wolle sich auf Afghanistan konzentrieren. Und in der derzeitigen Wirtschaftskrise sei einfach nicht genug Geld da, um Tag für Tag Hunderte Millionen Dollar im Irak zu versenken.
Dabei ist der Krieg keineswegs vorbei - in den Provinzen Niniveh und Diyala sowie um Bagdad herum toben Kämpfe zwischen Aufständischen und US-Truppen. Die Zahl der Todesopfer ist zwar weit unter die Höchststände der vergangenen Jahre gesunken - gab es 2007 nach Mitteilung der Nichtregierungsorganisation Iraq Body Count (IBC) noch bis zu 24 000 Tote und 2006 gar 27 000, so waren es 2008 knapp 9000 -, doch von einer friedlichen Zivilgesellschaft ist der Irak noch weit entfernt. Die Viertel der Sunniten und Schiiten sind vielerorts Festungen. Der Abzug der Besatzungstruppen könnte eine Entwicklung zu einer stabilen Gesellschaft einläuten, glauben Optimisten. Pessimisten fürchten, der Bürgerkrieg zwischen den Konfessionen, angeheizt auch vom schiitischen Iran, könnte furchtbarer aufflammen denn je.
Video: Obama will sich für Nahost-Frieden einsetzen