Der FDP-Politiker Chatzimarkakis fordert ein Aufbauprogramm für die griechische Wirtschaft. Er ist Bundeskanzlerin Angela Merkel dankbar.
Hamburg. Die Nothilfen der Euroländer und des Internationalen Währungsfonds (IWF) verschaffen den Griechen vermutlich nur eine Verschnaufpause. Langfristig können wohl auch die an die Kredite geknüpften drastischen Sparmaßnahmen die Wirtschaft des Mittelmeerlandes nicht allein auf Kurs bringen. Um in Zukunft wieder wettbewerbsfähig zu sein, fordert der griechischstämmige FDP-Europapolitiker Dr. Jorgo Chatzimarkakis deshalb ein umfassendes Aufbauprogramm von der griechischen Regierung.
"Wenn Griechenland nichts gegen seine schrumpfende Wirtschaft unternimmt, dann wäre in Anbetracht des Sparprogramms eine Deflation immensen Ausmaßes die Folge", sagte Chatzimarkakis dem Hamburger Abendblatt. Notwendig sei nun ein griechischer "Marshallplan". Damit bezieht sich Chatzimarkakis auf das wirtschaftliche Wiederaufbauprogramm für Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, benannt nach dem damaligen US-Außenminister George C. Marshall. Europaparlamentarier Chatzimarkakis sieht akuten Handlungsbedarf. "Griechenland muss im Rahmen eines nationalen Aufbauplans diejenigen Wirtschaftszweige unterstützen, in denen sie jetzt und auch in Zukunft wettbewerbsfähig sind." Das seien zum einen die Landwirtschaft und der Tourismus.
Vor allem aber die IT- und Software-Industrie müsse gefördert werden. "Wenige Menschen wissen, dass schon heute griechische Software-Unternehmen europaweit führend sind", sagte Chatzimarkakis. So stamme beispielsweise die Systemsoftware des europäischen Parlaments von der griechischen Firma Intrasoft.
Aber auch die deutsche Wirtschaft nimmt Chatzimarkakis in die Pflicht: "Die griechische Inlandsnachfrage muss angekurbelt werden - und da müssen wir auch als Deutsche ran. Ich fordere die großen deutschen Warenketten, die in Griechenland vertreten sind, auf, freiwillig und selbstständig die Hälfte des eigenen Angebots mit griechischen Waren zu bestücken." Dies würde den inländischen Wettbewerb und damit die inländische Produktion stärken. Gleichzeitig warnte Chatzimarkakis davor, dass "die Exportgroßmacht Deutschland den griechischen Markt jetzt mit billigen Ausfuhren überschwemmt".
Er sei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sehr dankbar, dass sie zu diesem Zweck schon beim BDI angefragt hat, entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Die einheimischen Unternehmen müssten eine Chance haben, so der FDP-Politiker.
Das am Montag von der Regierung von Ministerpräsident Giorgos Papandreou ins Parlament eingebrachte Gesetz sieht massive Kürzungen bei den Löhnen im öffentlichen Dienst und den Renten vor, die Mehrwertsteuer soll von 21 auf 23 Prozent steigen. Tatsächlich ist umstritten, ob das jetzt beschlossene Sparprogramm überhaupt Erfolg versprechend ist. In einer aktuellen Analyse der UniCredit-Group sehen selbst optimistische Prognosen weiteren Handlungsbedarf. "Neben mehr Wettbewerbsfähigkeit benötigt Griechenland auch Veränderungen in den Wirtschaftsstrukturen", heißt es in dem Papier. Die "drakonischen Sparmaßnahmen" könnten die Rezession noch deutlich verstärken.
Eine positive Prognose wagt Professor Michael Bräuninger vom Hamburger WeltWirtschaftsInstitut (HWWI). Er sieht Griechenland durch das geplante Sparprogramm auf dem richtigen Weg. "Langfristig wird die Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands durch die Reduktion des öffentlichen Sektors steigen. Die Privatwirtschaft wird nun erheblich mehr Spielraum haben", sagte Bräuninger dem Abendblatt. Klare Gesetze und Regulierungen, die den Staat effizienter und transparenter machten, seien für ein Wachstum in Zukunft unabdingbar. "Klar ist aber auch, dass auf kurze Sicht harte Zeiten auf die Griechen zukommen."