In Zeiten der Krise schlägt auch immer wieder die Stunde der Demagogen, der großen Vereinfacher und Schuldzuweiser. Die unzuverlässigen und trickreichen Griechen sind selbst schuld an ihrer Misere, meint mancher Deutsche.
Und dafür sollen wir nun mit unserem guten Geld zahlen? Hitzköpfige Hellenen kontern mit deutscher Schuld aus Zeiten des Zweiten Weltkrieges oder machen den Kapitalismus als solchen verantwortlich, gehen auf die Straße, prügeln sich mit Polizisten und verbreiten kommunistische Parolen.
Richtig ist, dass Griechenland vielleicht am höchsten, aber längst nicht allein hoch verschuldet ist. Innerhalb der EU war es sogar Deutschland, das zuerst die Drei-Prozent-Neuverschuldungshürde gerissen hat. Jedenfalls als erstes Land mit halbwegs korrekter Buchführung. Richtig ist ebenso, dass auch alle anderen Euro-, EU- und Industrieländer mehr oder weniger katastrophal hoch verschuldet sind.
Das wiederum liegt nicht allein an geldgierigen Banken, herzlosen Ratingagenturen oder ganz allgemein am Wirtschaftssystem. Es liegt auch an uns allen. An Bürgern, die vom Staat viel erwarten - in Deutschland vor allem Sicherheit in allen Lebenslagen -, die ihren Politikern sofort mit Liebesentzug drohen, wenn vom Abbau lieb gewordener Subventionen gesprochen wird. Und es liegt umgekehrt auch an Politikern, die, um ihrer Wiederwahl willen sich um Wahrheiten und Entscheidungen drücken, solange es geht.
In Griechenland geht es nun nicht mehr. Die Sparmaßnahmen, die die Bevölkerung jetzt treffen, sind hart und der Zorn der Menschen verständlich. Auch der Zorn derer, die für die Kredite mit ihrem Steuergeld haften. Am griechischen Beispiel wird aber auch wieder einmal deutlich, dass notwendige Reformen leichter fallen, je eher sie angegangen werden - und dass es kein politisches und ökonomisches Entrinnen gibt, wenn beständig über die Verhältnisse gelebt wird.
Die griechische Krise kann nicht allein mit Geld gelöst werden. Das käme dem Versuch gleich, einen Alkoholiker mit Schnaps kurieren zu wollen. Das Land braucht gleichzeitig eine neue wirtschaftliche Basis, der Euro-Raum bessere Kontrollen seiner Finanzpolitik und alle Staaten zusammen langfristig eine Politik des Schuldenabbaus. Dann bleibt Europa ein Garant des Friedens, und die Demagogen und großen Vereinfacher werden weiter wenig beachtete Randständige in einer alles in allem prosperierenden Gemeinschaft bleiben. Das ist neben wirtschaftlichen Erfolgen der eigentliche Wert Europas; einer, der sich in Geld gar nicht aufrechnen lässt und für den sich jede Anstrengung lohnt.