Mit 22,4 Milliarden Euro will Deutschland Athen unter die Arme greifen. Kanzlerin Merkel hat das Vorhaben verteidigt, aber auch Konsequenzen gefordert.
Berlin/Athen. Die Bundesregierung hat die Milliarden-Hilfen für Griechenland auf den Weg gebracht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht damit den Euro als Ganzes gesichert. Deutschlands Anteil am dreijährigen Rettungspaket liegt bei bis zu 22,4 Milliarden Euro. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) glaubt, dass die Krisenhilfe die Steuerzahler am Ende nichts kosten wird. In Athen kündigten griechische Gewerkschaften am Montag neue Streiks gegen das Sparpaket an. Die Europäische Zentralbank (EZB) lockerte für die Rettung Griechenlands ihre strengen Spielregeln.
Die Koalitionsfraktionen von Union und FDP stimmten am Abend bei Sondersitzungen dem Gesetzentwurf für den deutschen Anteil an dem Paket zu. Nach Angaben von Unions-Fraktionschef Volker Kauder gab es in seiner Fraktion acht Nein-Stimmen und neun Enthaltungen. Kauder räumte ein, dass es „eine Reihe von Fragen“ gegeben habe, wie Griechenland weiterhin zu seinem drastischen Sparkurs aufgefordert werden könne. Bei der FDP gab es zwei Nein-Stimmen und sechs Enthaltungen.
Es ist aber damit zu rechnen, dass das Gesetz am Freitag in Bundestag und Bundesrat eine Mehrheit findet. Nach den Plänen der Koalition soll das deutsche Gesetz für die Bürgschaft des Bundes im Eilverfahren schon in dieser Woche unter Dach und Fach gebracht werden. Am Freitag sollen Bundestag und Bundesrat zustimmen. Die Opposition, die am Nachmittag zu einem Meinungsaustausch bei Merkel war, zögert noch. SPD, Grüne und Linke fordern einen Bundestagsbeschluss aller Fraktionen mit einem Bekenntnis zu einer Euro-Reform und einer Finanzmarktsteuer. Die schwarz-gelbe Koalition kann im Bundestag aber auch allein mit der Regierungsmehrheit entscheiden. Merkel sprach nach der Sondersitzung des Kabinetts von einer Entscheidung mit enormer Tragweite. Auch die Deutschen profitierten: „Eine stabile europäische Währung ist ein außerordentlich hohes Gut.“ Jetzt müsse der Euro-Stabilitätspakt überarbeitet werden – „dass man ihn nicht unterlaufen kann und er strikt eingehalten wird“. Im ZDF sagte die Kanzlerin am Abend, sie spüre den politischen Willen Athens, das Sparpaket umzusetzen. In der ARD räumte Merkel ein, „dass wir mehr Finanzmarktregulierung brauchen“.
Das vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland soll bis zum Jahr 2012 Kredite von bis zu 110 Milliarden Euro erhalten. Auf die Euro- Staaten sollen davon 80 Milliarden Euro entfallen, auf den Internationalen Währungsfonds (IWF) 30 Milliarden. Deutschland will sich allein in diesem Jahr mit 8,4 Milliarden Euro am Rettungspaket beteiligen. Das Geld soll nicht aus dem Bundeshaushalt kommen, sondern von der Staatsbank KfW. Der Bund garantiert für die Kredite. Zur Begründung heißt es im Gesetzentwurf: „Ohne ein Handeln des Internationalen Währungsfonds und der 15 Staaten des Euro- Währungsgebiets käme es zur Zahlungsunfähigkeit Griechenlands, die die Finanzstabilität in der gesamten Europäischen Währungsunion gefährden würde.“ Schäuble hofft, dass Athen in den nächsten drei Jahren die angebotenen Kredite nicht voll ausschöpft. Griechenland muss gut fünf Prozent Zinsen zahlen.
Die Europäische Zentralbank griff dem Euro-Sorgenkind mit einer beispiellosen Ausnahmeregelung unter die Arme. Die Notenbank akzeptiert ab sofort griechische Anleihen selbst dann als Sicherheit für EZB-Geld, wenn Rating-Agenturen diese als Schrott bewerten. Experten sehen jetzt die Glaubwürdigkeit der Währungshüter in Gefahr. Der Euro sackte am Montag unter die Marke von 1,32 US-Dollar. Der griechische Staatspräsident Karolos Papoulias sprach sich dafür aus, Steuersünder zur Rechenschaft zu ziehen. Sein Land brauche jetzt vor allem „Solidarität für die Schwächeren“. Regierungschef Giorgos Papandreou meinte, das Gefühl, Steuerbetrüger kämen straffrei davon, sei in der Bevölkerung verfestigt. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und seine Kollegen von den weltgrößten Banken wollen Griechenland unterstützen. Schäuble sagte, jeder Minister der Euro-Gruppe werbe dafür, dass sich die nationalen Finanzbranchen an der weiteren Finanzierung Griechenlands beteiligen. Schäuble will sich am Dienstag unter anderem mit Ackermann, Bundesbank-Präsident Axel Weber und dem Chef der Finanzaufsicht BaFin, Jochen Sanio, treffen. Offen ist, ob auch Versicherer und Industriekonzerne zahlen. Der Autobauer Daimler stellte klar: „Wir haben nicht vor, uns daran zu beteiligen.“
DEMONSTRANTEN STÜRMEN DIE GRIECHISCHE "TAGESSCHAU"
In Athen machten die Gewerkschaften gegen die drastischen Einschnitte bei Gehältern für Staatsdiener, Renten und Jobs mobil. Am Montag begann ein Ausstand bei der Müllabfuhr. An diesem Dienstag und Mittwoch wollen die Beamten streiken. Am Mittwoch will sich die Gewerkschaft der Privatwirtschaft anschließen. Die Fluglotsen wollen den griechischen Luftraum dann für einen Tag dichtmachen.