Berlin. Die jüngsten Vorfälle zeigen: Es war ein verhängnisvoller Fehler, die Bewachung von Kasernen an private Sicherheitsfirmen zu abzugeben.
Immer mehr zerschnittene Zäune an Bundeswehr-Einrichtungen, Terrorwarnung in Kasernen, Trinkwasseralarm für Soldaten und Bevölkerung. Es sind gruselige Nachrichten wie aus einem schlechten Hollywoodfilm, die in diesen heißen Sommertagen die Schlagzeilen bestimmen. Auch wenn ein terroristischer Hintergrund oder Sabotage noch gar nicht bewiesen ist, steht eines schon fest: Deutschland hat an seinen sensibelsten Einrichtungen ein handfestes Sicherheitsproblem.
Bundeswehr-Kasernen sollten eigentlich zu den am besten gesicherten Komplexen zählen. Hier lagern Kriegswaffen, Sprengmittel, militärische Unterlagen und extrem teures Gerät, das in den falschen Händen fatale Wirkung entfalten kann. Aus gutem Grund haben früher schwerbewaffnete Soldaten die Sicherung übernommen und in Wachdienst-Schichten mit Patrouillengängen dafür gesorgt, dass sich niemand unbefugt Zutritt verschafft. Ein Personal, das nicht nur maximal sicherheitsüberprüft, sondern Teil dieser Gesellschaft hinter den Kasernenmauern war und in Gelöbnis oder Vereidigung einen Treueschwur abgelegt hat. Vorbei die Zeit.
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Im Jahr 2016 ist die Sicherung der Bundeswehrliegenschaften an private Wachdienste endgültig übertragen worden. Die damalige Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat sich für das moderne „Facility-Management“ von ihren externen Beratern feiern lassen, obwohl Sicherheitsexperten und altgediente Offiziere schon damals vor Sicherheitsmängeln warnten.
Boris Pistorius muss den Wachschutz deutlich erhöhen
Ein „Scheunentor für Kriminelle jeglicher Art“ nannte der Chef der Polizeigewerkschaft damals die Wachschutzvergabe an Billiganbieter, aber niemand wollte die Warnung hören. Der militärische Wachdienst war unbeliebt, zeitaufwändig und die Wehrpflicht vom Vorgänger von der Leyens abgeschafft worden. Es rächt sich jetzt, dass Zehntausende Soldatinnen und Soldaten für diesen Wachdienst fehlen, der schon damals von Bundeswehrgegnern als „Gammeldienst“ verunglimpft wurde.
Es wäre kein Wunder, wenn man in Russland genau dieses Sicherheitsdefizit identifiziert und im Sinne der Putinschen „hybriden Kriegsführung“ genutzt hat. Selbst wenn es bei durchschnittenen Zäunen bleibt, hätten Saboteure mit ein paar Zangen das Sicherheitsgefühl einer sündhaft teuren Armee im Mark getroffen.
Daher bleibt keine andere Wahl: Die Sicherheit muss wiederhergestellt werden und Boris Pistorius muss den Wachschutz deutlich erhöhen. Das ist teuer und personalintensiv, aber ohne Alternative. Es kann nicht sein, dass man in Kasernen so leicht eindringt wie Schüler nachts ins Freibad. Für den Verteidigungsminister, immerhin der beliebteste Politiker Deutschlands, sollte diese Aufgabe jetzt Priorität haben. Denn eine Armee, die nicht einmal ihre eigenen Einrichtungen schützen kann, wirkt auf potenzielle Feinde wenig bedrohlich. Und schlimmer noch: Sie setzt das Vertrauen der eigenen Bevölkerung aufs Spiel.
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