Brüssel . Aus Sorge vor einer Eskalation mit Russland hielt sich die Nato bei der Unterstützung der Ukraine lange zurück. Das ändert sich nun.

Die Nato-Staaten haben einen sogenannten Operationsplan für den Ausbau der Unterstützung der Ukraine beschlossen. Bei dem Bündnisprojekt geht es insbesondere darum, dass die Nato künftig die internationale Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte übernehmen will.

Das Dokument wurde am Donnerstag am Rande eines Verteidigungsministertreffens in einem schriftlichen Verfahren angenommen. Die Einigung soll an diesem Freitag nach einer formellen Billigung durch die Minister öffentlich gemacht werden.

Die Unterstützungsaufgaben werden bislang federführend von den Vereinigten Staaten wahrgenommen. Diese hatten dafür Ende 2022 im Europa-Hauptquartier der US-Streitkräfte im hessischen Wiesbaden eine rund 300 Soldaten starke Einheit mit dem Namen Security Assistance Group-Ukraine (SAG-U) aufgebaut. Die Nato-Mission soll nun mindestens die gleiche Personalstärke haben. Details des Operationsplans wurden vom Bündnis zunächst geheim gehalten.

Vorkehrung für das Szenario Trump

Das Nato-Projekt gilt auch als Vorkehrung für den Fall einer möglichen Rückkehr von Donald Trump ins US-Präsidentenamt ab Januar 2025. Äußerungen des Republikaners hatten in der Vergangenheit Zweifel daran geweckt, ob die USA die Ukraine unter seiner Führung weiter so wie bisher im Abwehrkrieg gegen Russland unterstützen würden. Im Bündnis wird befürchtet, dass von einem politischen Kurswechsel in Washington auch die Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte betroffen sein könnte.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte am Donnerstag in Brüssel, es gehe nun darum, eine robustere Plattform für die Ukraine-Unterstützung zu schaffen, um ein langfristiges Engagement zu gewährleisten.

Die Verteidigungsminister der 32 Nato-Staaten beraten über den geplanten Ausbau der Nato-Unterstützung für die Ukraine.
Die Verteidigungsminister der 32 Nato-Staaten beraten über den geplanten Ausbau der Nato-Unterstützung für die Ukraine. © DPA Images | Virginia Mayo

Ungarn befürchtet Krieg und macht nicht mit

Nicht beteiligen wird sich an dem neuen Nato-Projekt Ungarn. Die dortige Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban befürchtet, dass das Bündnis durch das Projekt in eine direkte Konfrontation mit Russland getrieben werden könnte. Deswegen waren vor zwei Jahren auch noch zahlreiche andere Nato-Staaten sehr zurückhaltend gewesen und hatten eine stärkere Nato-Unterstützung verhindert. Im Laufe der Zeit hat sich die Einschätzung aber verhindert und die meisten Nato-Staaten stufen das Risiko als kalkulierbar ein.

Um dafür zu sorgen, dass Ungarn nicht den notwendigen Konsens für das Projekt verhindert, wurde dem Land zugesichert, dass es sich weder finanziell noch personell beteiligen muss.

Namensstreit ist vorerst beigelegt

Das neue Projekt wird derzeit bündnisintern als „Nato Security Assistance and Training for Ukraine“ (NSATU) bezeichnet. Die meisten Nato-Staaten hatten sich zuvor eigentlich für den Namen „Nato Mission Ukraine“ ausgesprochen. Die Bundesregierung vertrat allerdings den Standpunkt, dass dieser irrtümlich so verstanden werden könnte, dass das Bündnis Soldatinnen und Soldaten in die Ukraine schicken wolle. Sie befürchte deswegen, dass der Name von Russland für Propaganda gegen die Allianz genutzt werden könnte.

Auf Grundlage des vereinbarten Operationsplans können nun die weiteren Vorbereitungen für das Projekt erfolgen. Offiziell gestartet werden soll es im Idealfall im Juli, wenn Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die anderen 31 Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten in Washington zu einem Gipfeltreffen zusammenkommen.

fmg/dpa