Es droht der größte Geheimdienst-Skandal der Bundesrepublik. Ein BND-Mann soll für die USA spioniert haben: Haftbefehl erlassen.
Berlin. Das Handy von Angela Merkel abgehört, den Deutschen Bundestag ausgespäht: Die Affäre um den US-Geheimdienst NSA weitet sich auch zum größten Geheimdienst-Skandal in der Geschichte der Bundesrepublik aus. Ein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes will Informationen über den NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags an einen US-Geheimdienst weitergegeben haben. Wie Reuters von einem Parlamentarier erfuhr, arbeitete der 31-Jährige in der Poststelle des BND.
In dieser Funktion habe er sich selbst als Informant der USA angeboten. Es handele sich aber nicht um einen Top-Agenten. Der Verdacht, dass er Informationen über den NSA-Ausschuss weitergegeben habe, beruhe allein auf dessen Aussage bei der Vernehmung.
Der Generalbundesanwalt hat nach eigenen Angaben Haftbefehl gegen den Deutschen wegen des „dringenden Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit“ erlassen. Dem Beschuldigten werde vorgeworfen, für ausländische Nachrichtendienste tätig gewesen zu sein. Er sei bereits am Mittwoch festgenommen worden. Die weiteren polizeilichen Ermittlungen lägen in den Händen des Bundeskriminalamts (BKA). Zu Details äußerte sich die Behörde nicht.
Der frühere NSA-Mitarbeiter Thomas Drake hatte in der Nacht zu Freitag im Geheimdienst-Untersuchungsausschuss des Parlaments schwere Vorwürfe gegen den BND erhoben. Der BND habe sich in einen „Wurmfortsatz der NSA“ verwandelt, sagte Drake.
Der BND arbeite eng mit der NSA zusammen und verstoße potenziell gegen das Grundgesetz, indem er Daten des US-Partners nutze. Die Behauptung des BND, man habe dort nichts von der massenhaften Datenüberwachung durch die NSA gewusst, sei angesichts dieser Kooperation „jenseits jeder Glaubwürdigkeit“.
„Das Schweigen des BND ist schrecklich“, kritisierte Drake. Die Menschen hätten das Recht, zu erfahren, was geschehe. Die Bundesregierung müsse den BND zwingen, seine Aktivitäten transparenter zu machen und dafür geradezustehen, forderte er. „Man sollte nicht warten, bis es einen deutschen Edward Snowden gibt, der den Schleier lüftet.“
Nach Drakes Aussagen lieferte der BND ebenso Daten für den Drohnenkrieg der USA. Auch aus BND-Quellen oder aus Zugängen, die dem BND offenstanden, seien kritische Informationen für solche Operationen gekommen. „Deutschland wurde als Plattform genutzt, um diese Drohnentechnologie zu nutzen.“ Solche Einsätze seien nicht nur von US-Einrichtungen von deutschem Boden aus durchgeführt worden, es habe auch Unterstützung nachrichtlicher Dienste gegeben. Daten seien auch genutzt worden, um Kommando-Entscheidungen zu treffen.
Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki sagte in KIel: „Sollte sich der Verdacht erhärten, dass ein BND-Mitarbeiter für einen amerikanischen Geheimdienst den Bundestagsuntersuchungsausschuss zur Klärung der NSA-Affäre ausspioniert hat, wäre dies einer der größten Geheimdienstskandale unseres Landes.“
Die Folgen seien unabsehbar, es müsse personelle Konsequenzen beim BND, aber auch beim Geheimdienstkoordinator des Bundeskanzleramtes geben. unausweichlich sein. „Im Übrigen müssten sich die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, die in den entsprechenden Gremien zur Kontrolle der Geheimdienste vertreten sind, fragen lassen, ob sie ihren Aufgaben in der Vergangenheit in ausreichender Weise nachgekommen sind bzw. ob sie diesen Aufgaben überhaupt gewachsen sind.“