Hamburgs Erster Bürgermeister: Spionage unter demokratischen Regierungen ist unnötig. ONO-Konferenz der Ombudsleute eröffnet.
Mit deutlichen Worten hat der Erste Bürgermeister Hamburgs, Olaf Scholz (SPD), die USA und die Ausspähpraxis der National Security Agency (NSA) kritisiert. „Niemand sollte eine demokratische Regierung ausspionieren“, sagte Scholz mit Blick auf die NSA-Abhöraktion auch gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Amerikaner sollten es außerdem unterlassen, deutsche Unternehmen auszuspähen. Unter Freunden sei das generell nicht notwendig, sagte Scholz bei der internationalen Konferenz der Medien-Ombudsleute (ONO), die drei Tage lang in Hamburg stattfindet.
Zum ONO-Kongress, den das Hamburger Abendblatt im Axel Springer Haus ausrichtet, kamen Dutzende Journalisten unter anderem aus den USA, Südafrika, Großbritannien, der Türkei, aus Asien und Südamerika.
Um eine klare Ansage zum NSA-Enthüller Edward Snowden wand sich Scholz diplomatisch herum. Ob Snowden vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages aussagen könne, müsse der Ausschuss selbst entscheiden. Derzeit gibt es eine heftige politische Debatte darüber. Scholz‘ Parteivorsitzender Sigmar Gabriel hatte unlängst gesagt, man könne vermutlich für die Sicherheit Snowdens in Deutschland gar nicht garantieren. Außerdem hätten die Amerikaner ein Interesse daran, ihn zu verhaften.
Scholz sagt, Snowden habe nun mal amerikanische Gesetze gebrochen. Dennoch lobte und forderte Hamburgs Erster Bürgermeister den investigativen Journalismus. Gerade der NSA-Skandal habe ja gezeigt, welche technischen Möglichkeiten es beim Abhören und Ausspionieren gebe. Die moderne, digitale Gesellschaft müsse den investigativen Journalismus zulassen, „sonst leiden die Freiheit und die Gerechtigkeit“. Das hätten die USA noch nicht verstanden.
Außerdem brauche es auf europäischer Ebene eine Gesetzgebung, wie man mit der Datensammelwut von Staaten und Unternehmen umgehen müsse. Dabei dürfe man nicht zu viel Zeit verlieren, weil Internetkonzerne in Brüssel als Lobbyisten auftreten.
Dennoch betonte Scholz, dass man Geheimdienste brauche, auch in Hamburg, um gegen Terrorismus gewappnet zu sein. Man müsse aber zulassen, dass über den Einsatz der Geheimdienste öffentlich diskutiert werde.
Heute sei es viel schwieriger als früher, eine verantwortungsvolle Berichterstattung zu machen. Angesicht der sozialen Netzwerke und der Möglichkeiten für jedermann, auch aus Krisengebieten Berichte, Fotos und Videos zu posten, habe der Druck auf die Medien zugenommen. Scholz forderte, dass die Journalisten bei ihren professionellen Standards bleiben, überprüften, was authentisch sei und so das lieferten, was Blogger und einfache mutmaßliche Augenzeugen nicht liefern könnten. Für Medien, sagte Scholz, „ist die Qualität die einzige Möglichkeit, um zu überleben“.
Zu Beginn der ONO-Konferenz hatte der Präsident der Organisation, Stephen Pritchard (“Observer“) gesagt, die Korruption in manchen Staaten der Welt nehme so sehr zu, dass selbst Journalisten in politische Skandale hineingezogen werden. Damit spielte Pritchard an auf die Affäre um den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan, in deren Gefolge auch kritische Journalisten ihren Job verloren.
Für den Nachmittag wird bei der ONO-Konferenz der Vortrag des britischen Journalisten und Pulitzer-Preisträgers Ewen McAskill (“Guardian“) erwartet. Bei abendblatt.de wird es einen Livestream geben.