Andre E. soll die DVD mit dem Bekenner-Video mit Paulchen-Panther-Motiv hergestellt haben. Der Generalbundesanwalt ließ ihn festnehmen.

Berlin. Spezielakräfte der GSG 9 haben am Donnerstag in Brandenburg einen weiteren mutmaßlichen Helfer der Zwickauer Neonazi-Zelle festgenommen. Polizisten der Elitetruppe GSG 9 hätten den 32-jährigen Deutschen Andre E. im Landkreis Potsdam-Mittelmark aufgegriffen, teilte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mit. Seither durchsuchten etwa 90 Polizisten dort sowie in Dresden, Jena und Zwickau insgesamt vier Wohnungen, darunter die von E. in Zwickau. Nach Erkenntnissen der Ermittler habe er 2007 den menschenverachtenden Propaganda-Film über die Mordserie des Zwickauer Trios an neun Migranten und einer Polizistin hergestellt. Außerdem werde er verdächtigt, zwei Mitgliedern der Zwickauer Zelle im Mai 2009 Bahn-Cards zur Verfügung gestellt zu haben, die eigentlich ihm und seiner Frau gehörten.

E. habe seit 2003 in engem Kontakt mit den Mitgliedern der Zwickauer Zelle gestanden, erklärte die Bundesanwaltschaft. Der Beschuldigte solle im Laufe des Tages dem Haftrichter beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe vorgeführt werden. E. stammt laut „Spiegel online“ aus Johanngeorgenstadt in Sachsen und soll bis vor kurzem Kontakt zu dem Zwickauer Trio unterhalten haben. Er betreibt dem Bericht zufolge eine Firma, die sich auf die digitale Verarbeitung von Filmen spezialisiert hat.

Die GSG 9 wird selten zu Festnahmen eingesetzt, vorwiegend dann, wenn Schwierigkeiten zu erwarten sind. Sie war 2007 auch an der Festnahme der islamistischen Sauerland-Gruppe beteiligt, die Anschläge in Deutschland vorbereitet hatte. Am Nachmittag will sich die Bundesanwaltschaft weitere Einzelheiten mitteilen.

Rücktrittsforderung an Innenminister

FDP und Grüne wiesen unterdessen eine Rücktrittsforderung aus der SPD an die Adresse von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich zurück. „Die Gewalttaten der Zwickauer Neonazi-Gruppe wurden überwiegend in der Amtszeit des SPD-Innenministers (Otto) Schily begangen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Geheimdienste, der FDP-Politiker Hartfrid Wolff. Vor diesem Hintergrund sei es auch verständlich, dass die SPD keinen Untersuchungsausschuss wolle. „Ihr ist offenbar deutlich geworden, dass dabei vor allem die eigene Regierungsarbeit hinterfragt wird“. Auch der Grünen-Politiker Memet Kilic warf dem SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz vor, mit der Rücktrittsforderung vor allem von Schily ablenken zu wollen.

Wiefelspütz hatte Friedrich vorgeworfen, er sei der Herausforderung nicht gewachsen. Dem CSU-Politiker fehle es an der Fähigkeit, die richtigen Worte und die richtigen Gesten zu finden, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wies erneut Forderungen nach einer Vorratsdatenspeicherung zurück und verwies auf ihren Vorschlag, Daten im Verdachtsfall einzufrieren. „Wäre diese Regelung in Kraft, hätte man bei Verdacht alle Daten einfrieren können“, sagte die FDP-Politikerin der „Passauer Neuen Presse“.

Der Verfassungsschutz observiert unterdessen einem Medienbericht zufolge nach dem Bekanntwerden der Mordserie sämtliche V-Leute im rechtsextremen Umfeld. Ziel der Verfassungsschützer in Land und Bund sei es, die Zuverlässigkeit der Spitzel nochmals zu überprüfen, berichtete die „Thüringer Allgemeine“. Zu den Observationen würden aus Personalmangel auch Polizisten herangezogen.

Dem Zwickauer Neonazi-Trio werden mindestens zehn Morde an Migranten und einer Polizistin zur Last gelegt. Der rechtsextremistische Hintergrund der Mordserie zwischen 2000 und

2007 war den Ermittlern nicht aufgefallen und kam erst ans Licht, als Anfang November zwei Mitglieder der Zelle nach einem Banküberfall tot in einem Wohnmobil in Eisenach gefunden wurden. Später wurden in ihrer Zwickauer Wohnung die Tatwaffen entdeckt. Ein mutmaßliches Mitglied und ein mutmaßlicher Komplize sitzen bereits in Untersuchungshaft. Gegen weitere Verdächtige wird ermittelt.

Das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz muss nach Informationen der Zeitung gemäß Landesverfassungsschutzgesetz spätestens nach fünf Jahren prüfen, ob Daten zu löschen sind. Ob das Amt noch alle Akten über das aus Thüringen stammende Terror-Trio Beate Z., Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos besitzt, konnte eine Sprecherin dem Blatt nicht sagen.

Mitglieder der NPD sollen dem SPD-Sicherheitsexperten Thomas Oppermann zufolge die Zwickauer Terrorzelle unterstützt haben. Es gebe Hinweise, dass in der Unterstützerszene der mutmaßlichen Terroristen auch Mitglieder der NPD tätig waren, sagte Oppermann am Mittwoch nach einer Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) im Bundestag, zu der unter anderem Vertreter des Bundeskriminalamtes geladen waren. „Dies ist eine wichtige Information auch für das angestrebte neue Verbotsverfahren gegen die NPD“, sagte er.

Einer der größten Fehler bei den Ermittlungen sei gewesen, dass Daten über die mutmaßlichen Terroristen nach Ablaufen einer fünfjährigen Verjährungsfrist aufgrund einer Fehlbewertung aus den Dateien der Polizei und des Verfassungsschutzes gestrichen worden seien, sagte Oppermann. (abendblatt.de/dpa/dapd)