Wahlplakate und Benedikt-Porträts werben in Berlin um Aufmerksamkeit. Die Vorfreude auf Papst Benedikt ist in Thüringen und Freiburg größer.
Berlin. Fast nichts geht mehr, wenn der Papst in die Hauptstadt kommt: Die Hotels sind weitgehend ausgebucht, ebenso das Olympiastadion, wo Benedikt XVI. am 22. September seinen ersten großen Gottesdienst im Rahmen seines Deutschlandbesuchs feiert. Im Straßenbild merkt der Berliner allerdings noch nicht viel von dem hohen Besuch. Statt Papstbilder hängen Politikerplakate. Berlin befindet sich im Wahlkampf, am Sonntag vor der Visite ist die Wahl zum Abgeordnetenhaus. Bereits am Wochenende nach dem Besuch findet mit dem Marathonlauf das nächste Großereignis statt.
Während im Freiburger Zentrum bereits eine Ausstellung über den Papst lief und der Thüringer Landtag seinen Besuch sogar auf die Tagesordnung setzte, beschäftigt sich das politische Berlin derzeit damit, wer in den kommenden vier Jahren im Roten Rathaus regiert. „Bei uns wird der Papst erst am Montag nach der Wahl zum großen Thema“, heißt es aus Senatskreisen. Eine Begegnung mit Benedikt XVI. steht aber seit Monaten fest im Terminkalender des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD), der selbst katholisch ist. Im Olympiastadion wird er ihn bitten, sich in das Goldene Buch der Stadt einzutragen.
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Auf Hochtouren laufen dagegen die Vorbereitungen in den meisten katholischen Einrichtungen und Gemeinden der Hauptstadt. In den Schaukästen weisen Papstporträts auf das Ereignis hin. Seit einigen Wochen steht fest, dass der neue Erzbischof Rainer Maria Woelki das Kirchenoberhaupt als Repräsentant des Erzbistums empfangen wird. Einige Gemeinden wollen mit eigenen Veranstaltungen auf die Visite einstimmen. So gibt es an den kommenden Sonntagen in der Sankt-Hedwigs-Kathedrale Predigten über Themen, die dem Papst wichtig sind. Die Katholische Akademie plant für den 14. September Expertendiskussionen – unter anderem mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) – über Aspekte des Pontifikats von Benedikt XVI.
Kritische Fragen etwa zum Umgang der Kirche mit Homosexualität oder wiederverheirateten Geschiedenen können Interessierte auch in dem Blog „Nackte Sohlen“ stellen. Das Forum rief unter anderen der Jesuit Klaus Mertes ins Leben, der 2010 die bundesweite Missbrauchsdebatte anstieß.
Auch physische Stärke verlangt das Projekt des Vereins Credo, den „Pro Reli“-Initiator Christoph Lehmann mitgründete. Er startete in Köln eine Wallfahrt nach Berlin. Wenn Benedikt XVI. mit dem Flieger aus Rom einschwebt, wollen die Pilger ebenfalls in der Hauptstadt sein.
„In den vergangenen Wochen ist die Vorfreude auf den Heiligen Vaters spürbar gewachsen“, meint der Sprecher des Erzbistums, Stefan Förner. Zugleich weiß er, dass der Papst in Berlin wohl kaum so viel Resonanz finden wird wie an den anderen Reisestationen Erfurt, Eichsfeld und Freiburg. „In Berlin stehen wir in einer Reihe mit anderen Veranstaltungen vergleichbarer Größe.“
Auch Papstgegner machen mobil: Sie planen eine Demonstration, während Benedikt XVI. im Bundestag spricht. Dabei wollen ihre Redner unter anderem die katholische Sexualmoral sowie das Verhältnis von Staat und Kirche kritisieren. Berlins neuer Erzbischof Woelki sieht das gelassen. Er hoffe nur, dass die Aktionen friedlich und fair ablaufen, erklärt er. (KNA)