Wenn die Kinder betreut werden, besteht in aller Regel eine Pflicht zum Vollzeitjob. Ex-Mann klagte gegen Unterhalt. Beweislast wird umgekehrt.
Karlsruhe. Der Bundesgerichtshof (BGH) verpflichtet geschiedene Alleinerziehende mit einem Grundschulkind in aller Regel zum Vollzeitjob, wenn für das Schulkind eine Betreuungsmöglichkeit besteht. Das geht aus einem am Dienstag veröffentlichten Urteil hervor (Aktenzeichen: Bundesgerichtshof XII ZR 94/09). Die geschiedene Mutter einer Zweitklässlerin arbeitete halbtags und hatte von ihrem Ex-Mann zusätzlich Unterhalt von 440 Euro monatlich erhalten. Aufgrund des geänderten Scheidungsrechts wollte der Ex-Mann keinen Unterhalt mehr an die Kindesmutter bezahlen und erhob Abänderungsklage. Sowohl das Amtsgericht Grevenbroich als auch das Oberlandesgericht Düsseldorf lehnten diese Klage ab.
Es würde zu einer nicht zu verlangenden Mehrbelastung der Frau führen, wenn sie sowohl ganztags arbeiten als auch das Kind versorgen müsse, hieß es. Weiter stellten die Gerichte darauf ab, dass die Tochter mehr als zwei Jahre lang in einer Pflegefamilie gelebt hatte, bevor sie wieder von ihrer Mutter betreut wurde. Deshalb sei ein abrupter Übergang in einen Ganztagsjob auch aus kindbezogenen Gründen nicht zu verlangen.
Diese Urteile hob der Familiensenat des BGH auf und verwies den Fall an das OLG Düsseldorf zurück. Das OLG habe „keine durchgreifenden individuellen Einzelumstände angeführt“, warum das Kind am Nachmittag von der Mutter persönlich betreut werden müsse, so die Karlsruher BGH-Richter. Es sei auch nicht begründet worden, warum eine Vollzeiterwerbstätigkeit zu einer „überobligatorischen Belastung“ der Mutter führen könnte. Denn das könne „nicht pauschal, sondern nur auf der Grundlage der individuellen Verhältnisse“ begründet werden.
Die Frau trägt nun die Beweislast, warum ihr kein Vollzeitjob zugemutet werden kann. Gelingt ihr das nicht, muss sie mit Schulkind ebenso viel arbeiten wie ihr Ex-Mann ohne Betreuungspflicht. (dapd)