Der Kompromiss von Schlichter Heiner Geißler bringt keinen Frieden bei Stuttgart 21. Die Bahn baut und die Demonstranten machen mobil.
Stuttgart/Berlin. Es keimt Hoffnung beim Milliardenprojekt Stuttgart 21 – doch die Deutsche Bahn und die Gegner von Tiefbahnhof und unterirdischer Lösung zeigen sich erbarmungslos. Zur 85. Montagsdemonstration werden an diesem Montag um 18 Uhr vor dem Hauptbahnhof Stuttgart wieder deutlich mehr Teilnehmer erwartet als in den vergangenen Wochen. Denn die jüngste Vergabe von Bauaufträgen der Deutschen Bahn AG im Wert von mehr als 700 Millionen Euro sorgt für Verdruss. Das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 sieht darin eine Missachtung des Schlichtungsversuchs von Heiner Geißler .
„Selbst Heiner Geißler ist zu dem Schluss gekommen: Stuttgart 21 ist nicht durchsetzbar“, erklärte der Sprecher der „Parkschützer“, Matthias von Herrmann. Geißler hatte sich am Freitag für einen Kompromiss ausgesprochen: Der oberirdische Kopfbahnhof soll für den Nahverkehr genutzt werden und ein kleinerer unterirdischer Durchgangsbahnhof für den Fernverkehr. Die Bahn lehnt dies ab.
Stuttgart 21 sieht bislang einen Tiefbahnhof anstelle des Kopfbahnhofs vor. Der Neubau soll 4,1 Milliarden Euro kosten; für die Kombilösung veranschlagt Geißler 2,5 bis 3 Milliarden Euro. Geißler warnte im Radiosender SWR1: „Stuttgart 21 ist mit enormen finanziellen Risiken verbunden, die schlecht kalkulierbar sind.“ Die Kombilösung sei „billiger und zweimal besser“. Bei Zustimmung aller Beteiligten sei sie auch baurechtlich in absehbarer Zeit umsetzbar.
Die Landesregierung will den Vorschlag „in verkehrlicher, finanzieller und planungsrechtlicher Hinsicht auf seine Tragfähigkeit überprüfen“ und mit der Bahn über das weitere Vorgehen sprechen. Ein Sprecher von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), einem Stuttgart-21-Gegner, sagte: „Das renommierte Verkehrsberatungsbüro SMA hat den Vorschlag mitentwickelt; das gibt ihm hohes Gewicht.“ Grünen-Chef Cem Özdemir begrüßte die Idee. Im Sommerinterview der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ sagte er, die Idee habe „Charme“. Das zeigt Bewegung bei den Grünen, die sich in Baden-Württemberg auch mit ihrem Koalitionspartner SPD über Stuttgart 21 auseinandersetzen müssen. (dpa/abendblatt.de)