Mehr Netto vom Bruttoeinkommen soll künftig beim Steuerzahler verbleiben. Zudem sollen die Beiträge zur Sozialversicherung sinken.
Berlin. Bürger und Wirtschaft können im Wahljahr 2013 mit niedrigeren Steuerern und geringeren Sozialabgaben rechnen. Die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und FDP einigten sich am Wochenende überraschend darauf, kleine und mittlere Einkommen zum 1. Januar 2013 zu entlasten. Ein entsprechender Beschluss lag der Nachrichtenagentur dapd vor. Die gute wirtschaftliche Entwicklung machten diese Spielräume möglich, erklärten die Parteispitzen. Das Finanzministerium äußerte sich allerdings erneut zurückhaltend zu Steuererleichterungen.
In einem gemeinsamen Papier haben die CDU-Vorsitzende Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler ihre Absicht festgelegt, aber noch keine Entlastungssumme erwähnt. Wie Koalitionskreise ergänzend mitteilten, soll der Grundsatzbeschluss am Mittwoch vom Bundeskabinett bestätigt werden. In der gleichen Sitzung soll auch der Haushaltsentwurf 2012 beschlossen werden.
Erst nach der Sommerpause sollen die Steuer- und Abgabenerleichterungen in einem Gesetzentwurf konkretisiert werden. „Die Koalition wird im Herbst die vorhandenen Spielräume ausnutzen und einen Gesetzentwurf vor der endgültigen Verabschiedung des Bundeshaushaltes 2012 vorlegen. Außerdem werden wir angesichts der guten Beschäftigungslage die Sozialversicherungsbeiträge senken. So erreichen wir, dass alle Bürgerinnen und Bürger am Aufschwung teilhaben können,“ heißt es in dem Papier der Parteispitzen, über das die „Bild“-Zeitung am Sonntag zuerst berichtet hatte.
Schwarz-Gelb verspricht sich von den Schritten „weiteren finanziellen Freiraum“ für die Bürger. Dies sei eine wichtige Voraussetzung für mehr Konsum und mehr Investitionen. Zugleich versichern die Koalitionsspitzen, den Konsolidierungskurs fortzusetzen und die Schuldenbremse einzuhalten. „Die gute wirtschaftliche Entwicklung sorgt aber dafür, dass beides möglich ist: Die Sanierung des Bundeshaushalts und die Entlastung der Bürger.“
Zuvor hatten führende Koalitionspolitiker noch den Eindruck erweckt, dass erst in mehreren Monaten ein Beschluss über mögliche Steuererleichterungen zustande komme. Mit „konkreten Entscheidungen“ könne nach der parlamentarischen Sommerpause Anfang September gerechnet werden, sagte die CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt der dapd. Unions-Fraktionschef Volker Kauder erklärte im „Hamburger Abendblatt“, wie groß die Spielräume seien, „werden wir uns im Herbst anschauen“.
Finanzminister Wolfgang Schäuble verwies im „Spiegel“ darauf, dass im Haushalt 2012 die Neuverschuldung zwar auf unter 30 Milliarden gesenkt werden könne, der Bund aber immer noch 1.300 Milliarden Euro Schulden habe. „Denen, die angesichts guter Steuereinnahmen “unglaubliche Spielräume„ sähen, rate er zur Vorsicht. Er verwies auf den Entwurf für den Bundeshaushalt 2012. Die Zahlen darin zeigten, “das wir bei allen Erfolgen unserer Sparbemühungen noch einen weiten Weg gehen müssen, um die Regeln der Schuldenbremse ab 2016 einzuhalten„.
Im Ministerium wird auch daran erinnert, dass 2012 mit geplanten 27,2 Milliarden Euro noch mehr als doppelt so viele neue Schulden gemacht werden müssen wie im Vorkrisenjahr 2008. Zudem sei für 2014 und 2015 eine sogenannte Globale Minderausgabe eingeplant. Es müssten jeweils 4,8 Milliarden eingespart werden, um 2016 die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse einhalten zu können.
(dapd/abendblatt.de)
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Kauder beharrt auf Senkung von Steuern und Sozialabgaben
Unionsfraktionschef Volker Kauder hat den Willen der schwarz-gelben Koalition zu Steuersenkungen bekräftigt. „Wir können nicht einerseits die Hartz-IV-Sätze erhöhen und andererseits immer sagen, Entlastungen für die Arbeitnehmer sind nicht drin“, sagte der CDU-Politiker dem Hamburger Abendblatt (Montag-Ausgabe). Die Lohnerhöhungen der Arbeitnehmer dürften nicht zu einem Großteil „von der Steuer aufgefressen werden“. Daher müsse die kalte Steuerprogression geändert werden. Wie groß die Spielräume seien, „werden wir uns im Herbst anschauen“, fügte Kauder hinzu. „Die Haushaltssanierung hat Vorrang.“ Darin habe Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Recht. Kauder sprach sich für ein Gesamtpaket aus, das neben den Steuerentlastungen „auch die Senkungen im Bereich der Sozialabgaben beinhaltet“. Das helfe denjenigen, die keine Steuern zahlen und auch den Unternehmen. „Wir wollen damit auch einen Beitrag leisten, dass wir in Deutschland auf einem Wachstumspfad bleiben“, so Kauder.
Zudem mahnte Kauder unmittelbar vor der Präsidiumsklausur der FDP die Liberalen zu größerer Koalitionsdisziplin. „Ich denke, dass auch unser Koalitionspartner weiß, dass wir Zustimmung nur durch solide Regierungsarbeit und vor allem Geschlossenheit erhöhen können“, sagte Kauder. Der CDU-Politiker bekannte sich ausdrücklich zu Schwarz-Gelb. „In einer Demokratie sollten grundsätzlich alle demokratischen Parteien prinzipiell koalitionsfähig sein. Mein Wunschkoalitionspartner ist und bleibt aber die FDP“, sagte er. Und er glaube auch, dass sich die Liberalen mit der Union „sehr wohl“ fühlten. Zuvor hatte die stellvertretende FDP-Vorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ihrer Partei eine Öffnung zur SPD empfohlen.